Rugier

Rugier

Erstmals genannt werden die R. bei Tacitus, der sie als ostgermanischen, den Goten verwandten Stamm kennt. Ihr damaliges Siedlungsgebiet waren die Weichselmündung und die angrenzenden pommerschen Gebiete, möglicherweise auch die Insel Rügen. Im 4. Jh. sind die R. geographisch und politisch in Verbindung mit dem Föderatenreich der Ostgoten zu sehen (zusammen mit Gepiden, Skiren, Vandalen und Herulern). Im 5. Jh. waren sie an der mittleren Donau anzutreffen. Hier erschienen sie nach dem Untergang des westgotischen Reiches in Abhängigkeit zu den Hunnen unter Attila, mit denen sie bis nach Gallien zogen. Nach dem Tod Attilas (453) wurden die R. zusammen mit Ostgoten, Skiren, Alanen, Hunnen und Sarmaten in den entblößten Donauprovinzen angesiedelt, wo sie zu ›foederati‹ des Römischen Reiches wurden. Hier entstand am nördlichen Ufer der Donau, an der norischen Grenze, ein rugisches Reich, welches als ›Rugiland‹ bezeichnet wird und in etwa dem heutigen Niederösterreich entspricht. Zu Plünderungszwecken überschritten die R. jedoch häufig unter ihrem König Feletheus (alias Feva) den Fluss und drangen in provinzialrömisches Gebiet ein. Wohl 469 waren die R. neben Sueben und Skiren an einer Koalition gegen die Goten beteiligt, unterlagen diesen aber am Fluss Bolia (latein.) in Pannonien.

482 plünderten die R., vom oströmischen Kaiser Zenon angestachelt, Noricum und gerieten so in Konflikt mit Odoaker, der sie 487/88 in zwei Feldzügen abwehrte. Ihr König Feletheus geriet in Odoakers Hand, das Land der R. wurde daraufhin von den Langobarden besetzt. Die Reste des Volkes der R. zogen daraufhin mit Theoderich nach Italien, wo sie schließlich 552 zusammen mit den Goten den Untergang fanden. Charakterisiert werden die R. als primitives und barbarisches Volk, welches von Viehzucht, Ackerbau und Raubzügen lebte. Zugleich betätigten sie sich aber auch als Händler: Die an der mittleren Donau lebenden R. tauschten Bernstein, Pelze und Sklaven gegen Lebensmittel aus dem Römischen Reich.

Demandt A. 1989: Die Spätantike. Römische Geschichte von Diokletian bis Justinian 284–565 n. Chr. München. Rosen K. 2003: Die Völkerwanderung. München.

(Beatrix Günnewig)

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