Küste (-nformen)
Küsten (-formen) im europäischen Osten
ls K. wird der Übergangsraum zwischen Land und Meer bezeichnet. Dieser umfasst sowohl den Bereich der K.ngewässer als auch den anschließenden Festlandsstreifen. Er ist fortwährender Veränderung unterworfen, denn K.nstriche werden durch die Kraft von Wind und Wasser abgetragen, an anderen K.nabschnitten wird neues Land gebildet.
Inhaltsverzeichnis |
1 Überblick
Im europäischen Osten kommen folgende K.nformen vor: Steilk., Delta, Riff und Nehrung, Ausgleichsk.
1.1 Steilküste
An Steilk.n wird Land vom Wasser abgetragen, indem immer wieder Wellen vor und zurück laufen. Besteht der Steilhang der K. aus festem Gestein, kann sich dabei sogar ein Felsüberhang ausbilden. Er besteht so lange, bis das Felsmaterial über ihm nachbricht. Dies wird nicht allein durch das Wasser ausgelöst, das an der Basis des Felsens eine Kehle schafft. Im Felsen bilden sich Klüfte, in die Regenwasser eindringt und die vom winterlichen Eis aufgesprengt werden. In die Klüfte können Wurzeln vordringen, die sie ebenfalls erweitern und das Absprengen einzelner Felspartien begünstigen. Auch Tierbauten (z. B. von Vögeln und Insekten) können dazu beitragen, dass sich weitere Bruchlinien im festen Gestein bilden, die den Felsen zerbrechen lassen, wenn der Überhang an der Basis zu instabil geworden ist.
Festes Gestein kann fast senkrechte Felsen an der K. ausbilden. Bestehen die Felsen aus wasserlöslichem Kalkstein löst das Meerwasser an deren Basis einzelne Kehlen aus dem Gestein heraus, wodurch sich Felsentore bilden. Erreicht das Wasser Landmassen aus lockerem Sediment, bspw. Moränen, entsteht ebenfalls eine Steilk., senkrechte Steilabfälle werden jedoch nicht gebildet.
Bereits bei einer Hangneigung von etwa 45° setzen sich Gesteinsbrocken und Sand der Moräne in Bewegung und rollen ins Meer; bei und nach Niederschlägen bildet das abfließende Regenwasser Runsen aus, in denen lockeres Sediment abgespült wird und so ins Meer gelangt.
1.2 Delta
An Flussmündungen nimmt die Strömungsgeschwindigkeit des fließenden Wassers ab. Dabei sinkt seine Schlepp- bzw. Transportkraft, zunächst wird gröberes, dann feineres Material abgelagert. Daraus entsteht ein Delta, das tendenziell ein immer größeres Ausmaß erreicht. Doch kann die erodierende Kraft des Meerwassers dagegen wirken und an der Außenkante eines Deltas für Abbruch von deponiertem Material sorgen.
Deltas bilden sich v. a. an Flüssen, die erhebliche Mengen an Material transportieren, bspw. an der Mündung der Donau. Andere Flüsse bringen geringere Mengen Material an die K., bspw. Elbe und Weichsel. Bei diesen Flüssen wirkte sich der nacheiszeitliche Anstieg der Meeresspiegel auf die Form ihrer Mündungen aus. Denn das Meer drang in die Unterläufe dieser Flüsse vor und bildete Buchten in den Bereichen untergegangener Flussmündungen. In diese Buchten wird zwar Material von den Flüssen eingetragen, aber nicht genug, um unmittelbar an der Flussmündung ein Delta entstehen zu lassen.
1.3 Riff und Nehrung
An K.n wird das erodierte Gesteinsmaterial strikt sortiert. Große Steine bleiben unterhalb einer Steilk. liegen. Sie werden nur bei Einwirken erheblicher Wasserkräfte bewegt und dabei weiter zerkleinert. Kleine Steine und Sand werden von zurücklaufenden Wellen ins Meer getragen, aber nur so weit, bis die zurücklaufende Welle von der nächsten vorrückenden Welle erreicht wird. An diesen Treffpunkten von Brandungswellen lässt die Transportkraft des Wassers schnell nach, kleine Steine und Sand sinken auf den Meeresgrund und bilden auf diese Weise ein Riff, eine Untiefe.
Vor einer Abbruchk. (Steilk. oder Außenbereich eines Deltas) entstehen mehrere Riffe, die im Abstand von einigen Metern parallel zur K. verlaufen. Entlang der Riffe wird Sand k.parallel transportiert. An Vorsprüngen der K. verlängert sich ein Riff zur Seite hin, und es bildet sich zunächst ein untermeerischer Haken. Dort kann so viel Sand abgelagert werden, dass die Oberfläche des Hakens über den Meeresspiegel hinaus wächst. Der Haken wird durch weiteren Sand verlängert, so dass er schließlich eine ganze Meeresbucht abschließen kann; auf diese Weise entwickelt sich ein Haken zu einer Nehrung oder zu einem Lido. Auch Haken und Nehrung werden von der Brandung angegriffen, und es bilden sich genauso wie vor der Steilk. und wie vor dem Delta Riffe aus.
Hinter der Nehrung wird dabei eine Wassermenge eingeschlossen, deren Salzgehalt allmählich geringer wird. Denn es dringt nur noch wenig oder überhaupt kein Meerwasser in den sich bildenden See ein, doch aus dem Hinterland strömt kontinuierlich Süßwasser in den Strandsee. Je nach Landschaft wird ein solcher Strandsee Haff, Lagune, Etang oder Liman genannt. Ein sehr flaches Haff kann als Bodden bezeichnet werden.
Die küstenparallele Versandung wirkt ständig gegen die Öffnung einer Nehrung an. Kommt es in einem Haff zu einem Wasserüberschuss, weil ein Fluss einmündet, sein Wasser aber durch die Nehrung gestaut wird, kann es in seltenen Fällen jedoch zu einem Durchbruch der Nehrung kommen. Die Wasserverbindung wird nur selten von Meerwasser durchströmt, denn sie bleibt nur dann offen, wenn es einen Überschuss an Süß- oder Brackwasser im Haff gibt. Die Lage der Wasserverbindungen zwischen Meer und Haff kann sich unter dem Einfluss dieses Wechselspiels auch von Zeit zu Zeit verlagern.
Trockener Nehrungssand kann vom Wind aufgenommen werden. Dieser weht besonders beständig vom Meer aufs Land, weil sich bei Sonnenschein die Landoberfläche stärker erwärmt, dort die warme Luft aufsteigt und daraus ein niedrigerer Luftdruck über dem Land resultiert. Der Wind lässt Dünen entstehen, die viele Meter weit aufgeweht werden können. Der Sand wird im Wesentlichen landeinwärts bewegt, doch zugleich können meerseitig weitere Riffe aus dem Wasser herauswachsen, so dass die Lage der Nehrung mit ihren Dünen einigermaßen konstant bleibt. Dünen können von Pflanzen so weit befestigt werden, dass sie sich nicht mehr verlagern. Sie werden dann möglicherweise aber vom Meeresabbruch wieder erreicht und auf diese Weise wieder abgebaut.
Feines toniges Material, das vom Meerwasser aufgenommen wurde und darin suspendiert ist, kann nur dort abgelagert werden, wo die Kraft des Wassers völlig zum Erliegen kommt. Das ist im Haff oder in der Lagune der Fall. Strandseen werden allmählich mit ganz feinem Sediment verfüllt, zu dem auch die feinen Ablagerungen aus dem Fluss oder dem Bach hinzukommen, die in den Strandsee münden.
1.4 Ausgleichsküste
Im Idealfall bildet sich zwischen K.abschnitten, die abgetragen werden, Abschnürungen von Buchten heraus, so dass eine gerade verlaufende Ausgleichsk. entsteht: Abschnittsweise wird Land abgetragen, an anderer Stelle wird es neu gebildet.
2 Hafeneignung
Eine Ausgleichsk. ist von Seefahrern nur schwer zu nutzen. Denn ihre Häfen können nicht auf dem steinigen Grund vor der Steilk. liegen; die Boote würden bei jedem Auftreten von stärkerem Seegang beschädigt. Vor den Nehrungen können ebenfalls keine Häfen angelegt werden, denn dort bilden sich immer wieder neue und gefährliche Riffe, auf denen die Boote stranden können. Auch sind die Zugänge von Land her sowohl an einer Steilk. als auch an einer Nehrungsk. beschwerlich. Der beste Platz für einen Hafen ist die Nahtstelle zwischen Steilk.abschnitt und Nehrung. Dort ist ein einigermaßen günstiger Zugang zum Hafen möglich, und die K. kann vom Meer aus ohne größere Gefahr erreicht werden. Günstige Hafenorte befinden sich auch in den Flussmündungen, sofern diese nicht zu stark versanden, und zwar sowohl durch Sand aus den Flüssen als auch durch k.parallel an den Nehrungen verlagerten Sand. Viele von ihnen müssen regelmäßig freigehalten werden (z.B. Klaipeda am Nordende der Kurischen Nehrung).
Für die Entwicklung der K.nschifffahrt waren Häfen an untergegangenen Flussmündungen besonders wichtig. Die Erschließung des Nord- und Ostseeraumes nahm u. a. von Hamburg, Lübeck, Rostock, Stettin und Danzig ihren Ausgang; alle diese Häfen liegen an untergegangenen oder sich sogar senkenden Mündungsbereichen großer und kleiner Flüsse.
3 Geschichte der Küstenbildung
Die Ausbildung der K.formen wird durch Schwankungen der Meeresspiegel erheblich beeinflusst, besonders an vielen K.strecken Osteuropas, wo sich die Höhen der Landoberflächen und die Meeresspiegelhöhen in den letzten Jahrtausenden z. T. erheblich veränderten.
Im Mittelmeer und im Schwarzen Meer stiegen seit der letzten Eiszeit die Meeresspiegelhöhen um ca. 150 m an, weil nach dem Abschmelzen eiszeitlicher Gletscher mehr Wasser in die Weltmeere gelangte. Die am Bosporus bestehende Landverbindung verschwand; man geht davon aus, dass sich vor ca. 7500 Jahren ein kräftiger Schwall Meerwasser durch den Bosporus in das Schwarze Meer ergoss, das während der Eiszeit ein Süßwassersee gewesen war.
Viele Steilk.n am Mittelmeer sind dies erst seit einigen Jahrtausenden. Der Abbau von z. T. widerstandsfähigen Gesteinen an den K. ist oft noch nicht so weit fortgeschritten, dass sich Ausgleichsk.n bilden konnten. Am östlichen Mittelmeer ragen vielerorts die Gipfel untergegangener Gebirgsketten als Inseln aus dem Wasser. Ausgleichsk.n findet man am Mittelmeer und seinen Nebenmeeren v. a. im Bereich der flachen K.n an Deltas (Po, Donau und andere Flussmündungen am Schwarzen Meer; entsprechend das Wolgadelta am Kaspischen Meer). Ähnlich wirkte sich der Wasserspiegelanstieg auch an der Ostsee aus. Doch hier verlief die Geschichte der K.bildung noch komplizierter ab, denn es kam nach der Eiszeit außerdem zu einer Entlastung des ehemals von Gletschern bedeckten Landes im Norden. Der dadurch hervorgerufene Anstieg des Landes verläuft mit erheblicher zeitlicher Verzögerung. Die Veränderung der Landhöhe ist bis heute nicht abgeschlossen; sie beträgt an einigen Orten im Norden des Bottnischen Meerbusen immer noch einige Meter pro Jahrhundert. Bei derart erheblichen Geschwindigkeiten der Verlagerung von K.linien können sich noch viel weniger als am Mittelmeer Strukturen der Ausgleichsk. entwickeln.
Aus dem Meer tauchten zudem abgerundete Berghöcker auf, die von Gletschern geformt wurden und auf denen kein lockeres Material liegen blieb; es wurde beim Auftauchen der Inseln von der Brandung des Meeres abgespült. Diese Kuppen bezeichnet man als Schären. Sandiges und toniges Sediment lagerte sich in den Senken zwischen den Schären ab. Wenn solche Senken recht rasch aus dem Meer empor tauchen, bleiben die feinen Ablagerungen dort liegen, und nach dem Aussüßen des Erdreichs entwickelt sich ein sehr fruchtbarer Ackerboden. Wegen der fortdauernden Veränderungen der K.nlinien an den Schärenk.n, v. a. Finnlands und Schwedens, müssen immer wieder neue Häfen gebaut werden (z. B. in Vaasa und Luleå). Dort, am Bottnischen Meerbusen sind Häfen aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit nicht mehr im Betrieb. Sie wurden zur K. hin verlagert.
An der südlichen Ostseek. senkt sich hingegen die Landoberfläche. Magma im Erdinneren strömt aus dem Süden in den Norden Europas, weil dort der Druck der oberen Schichten der Erde auf das Erdinnere nachgelassen hat. Die Senkung des Landes ist zwar sehr gering, begünstigt aber die Bildung von Steil- und Ausgleichsk.n. Besonders ausgeprägt ist der estnische Glint als markante Steilk. im Süden des Finnischen Meerbusens. Steilk.n entstanden auch an den estnischen Inseln Hiiumaa und Saaremaa.
Andernorts an der südlichen Ostsee dringt das Meer an K.n vor, die aus lockerem Moränenmaterial bestehen. Dort bilden sich keine senkrechten Steilk.nwände, sondern nur – wie oben beschrieben – Steilabhänge mit einem maximalen Gefälle von etwa 45° aus. Zwischen den Steilk.n bildeten sich lange Abschnitte von Ausgleichsk., an der Nordk. Polens und im südlichen Baltikum, an den K.n Litauens und Lettlands sowie im Kaliningrader Gebiet (nördliches Ostpreußen). Hinter Nehrungen (die über 100 km lange Kurische Nehrung ist die markanteste) bildeten sich große Haffe. An der deutschen Ostseek. wurden auch flache K.nbereiche überflutet, die Bodden. Dort bildete sich eine Boddenk. mit kleinräumig wechselnden Steil- und anderen Abbruchk., Haken und Nehrungen sowie Haff- oder Boddenbereichen.