Warthe (Fluss)

Warthe (poln. Warta)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Die W. ist ein Fluss in Mittel- und Westpolen, deren Name (ursprünglich *Vrta) aus dem Urslawischen stammt und einen reißenden (poln. wartki), häufig die Richtung wechselnden Fluss beschreibt. Die Quelle der W. entspringt 384 m. ü. d. M. in Kromołów, einem Stadtteil von Zawiercie, auf der Krakau-Tschenstochauer Höhe (poln. Wyżyna Krakowsko-Częstochowska), südlich von Częstochowa. Mit einer Länge von 808,2 km und einem Einzugsgebiet von 54.529 km² ist die W. der drittlängste Fluss Polens und größter rechter Nebenfluss der Oder. Der mittlere Wasserabfluss der W. beträgt 215 m³/s. Sie ist auf einer Länge von 406,6 km bis zu ihrer Mündung in Küstrin schiffbar. Auf ihrem Weg zur Oder durchfließt sie die südliche „Südgroßpolnische Ebene“ (Nizina Południowowielkopolska), das Urstromtal der W. und Oder (Pradolina Warciańsko-Odrzańska), die „Posener Seenplatte“ (Pojezierze Poznańskie) und das Thorn-Eberswalder Urstromtal (Pradolina Toruńsko-Eberswaldzka). Die wichtigsten Nebenflüsse der W. sind Prosna und Obra (links) sowie Widawka, Ner, Netze (Noteć) und Wełna (rechts). Schiffbare Verbindungen bestehen über die Netze und den Bromberger Kanal (Kanał Bydgoski) zur Weichsel sowie zum See Gopło über den Kanał Ślesiński.

Die größte Stadt am Fluss ist Posen, die Hauptstadt der Woiwodschaft Großpolen. Weitere wichtige Städte an der W. sind Sieradz, Koło, Konin und Gorzów Wielkopolski.

1986 wurde der Oberlauf der W. nördlich von Sieradz aufgestaut. Der dadurch entstandene Stausee Jeziorsko hat eine Fläche von 42,3 km². Südlich von Częstochowa befindet sich seit 1978 der kleinere Stausee Poraj (5,5 km²). Am Flusslauf der W. befinden sich zahlreiche Landschaftsschutzgebiete, die seit 1957 bzw. 2001 bestehenden Nationalparks „Wielkopolski Park Narodowy“ („NP Großpolen“, 7584 ha) und „Ujście Warty“ („W.-Mündung“, 8037,6 ha) sind Heimat vieler seltener Vogelarten (u. a. Kranich, Seeadler und Wachtelkönig).

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2 Kulturgeschichte

Im mittleren und teilweise auch im unteren Einzugsgebiet der W. befand sich im frühen Mittelalter das Siedlungsgebiet der Polanen. Das an der mittleren W. gelegene Posen, war einer der Fürstensitze der ersten Piastenherrscher. Die vom „Bayrischen Geographen“ erwähnte Existenz eines Stammes der „Uerizane“ am Oberlauf der W. kann nicht belegt werden. Zu Verwaltungs- und Siedlungszentren entwickelten sich die an der W. gelegenen mittelalterlichen Burgen Mstów, Sieradz, Spicymierz, Ląd, Posen, Radzim und Santok. Das erste Quellenzeugnis für die W. aus dem Jahr 972 betrifft die Tributpflicht des Fürsten Mieszko I. gegenüber Kaiser Otto I. „usque ad Vurta fluvium” (bis zur W.). Im 13. Jh. wurde der Unterlauf der W. mit der Netzemündung durch die Markgrafen von Brandenburg erobert und verblieb bis 1945 als Teil der Neumark bei Brandenburg bzw. Preußen und dem Deutschen Reich. Zwischen 1767–82 wurde das Sumpfland des W.bruchs nach Plänen König Friedrichs II. von Preußen urbar gemacht und kolonisiert. Nach der zweiten Teilung Polen-Litauens 1793 kontrollierte Preußen fast den gesamten Lauf der W. bis südlich von Częstochowa und erhielt mit der dritten Teilung 1795 auch die Quelle. In den Jahren 1807–15 gelangten diese Teile der W. an das Großherzogtum Warschau. Der Wiener Kongress von 1815 sprach Preußen erneut die Gebiete an der mittleren W. bis zur Mündung der Prosna zu. Diese verblieben als Teil des Großherzogtums bzw. der Provinz Posen beim Deutschen Reich und gelangten 1919 an die Zweite Polnische Republik.

Nach dem deutschen Überfall auf Polen 1939 wurden diese und weitere Gebiete entlang der mittleren und oberen W. dem Deutschen Reich – ab 1940 als Reichsgau W.land – angegliedert. Die von den Nationalsozialisten geplante Germanisierung des W.lands führte bis 1941 zur Vertreibung von über 300.000 Polen und Juden ins Generalgouvernement. Seit dem Potsdamer Abkommen von 1945 befindet sich die W. in gesamter Länge auf polnischem Territorium. Sie ist – neben der Weichsel – in der zweiten Strophe der polnischen Nationalhymne verewigt, dem 1797 geschriebenen Mazurek Dąbrowskiego.

(Thomas Himmelsbach)

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