Sieradz
Sieradz (poln., dt. hist. Schieratz)
Die Kreisstadt S. liegt rund 63 km westlich von Łódź an der oberen Warthe in der Woiwodschaft Lodz (Województwo łódzkie). Sie zählt 44.326 Einwohner (2005), liegt 130 m ü. d. M. und hat eine Fläche von 51,2 km². Die wichtigsten Wirtschaftszweige des regionalen Dienstleistungs-, Bildungs- und Kulturzentrums sind neben Nahrungsmittel- und Textilindustrie (v. a. Strickwarenherstellung) die Holz- und Metallverarbeitung. Zu den kulturellen Einrichtungen der Stadt zählen ein Freilichtmuseum und ein Regionalmuseum im sog. „Königlichen Haus“ am Markt.
Bereits im 7. Jh. entstand etwa 3 km nordöstlich von S. eine Siedlung mit Burg, die nach einem Brand nicht wieder aufgebaut wurde. Um die Mitte des 11. Jh. bildete sich auf der rechten Seite der Warthe, am Schnittpunkt von Fernhandelsstraßen, eine offene Marktsiedlung, bei der in der 2. Hälfte des 11. Jh. eine mächtige Burg errichtet wurde. S. wurde 1136 als Sitz einer Kastellanei erwähnt, der arabische Geograph al-Idrīsī zählte den Ort um die Mitte des 12. Jh. zu den größten polnischen Städten. Am linken Wartheufer entstand vor 1255 die Lokationsstadt, die ab 1261 Hauptstadt des Fürstentums S. war und zu einem wichtigen politischen und wirtschaftlichen Zentrum wurde. Burg und Stadt wurden 1331 durch den Deutschen Orden zerstört. An der Stelle der alten Holz-Erde-Burg wurde vor 1370 eine Steinburg errichtet. 1339 gelangte das Fürstentum S. an die polnische Krone und bildete bis 1793 eine Woiwodschaft. Der Blütezeit S.s als Handwerks- und Handelszentrum für Kürschner- und Tuchmacherwaren im 15. und 16. Jh. folgten im 17. und 18. Jh. seuchen- und kriegsbedingte Bevölkerungsverluste sowie wirtschaftlicher Niedergang. Mit der zweiten Teilung Polen-Litauens fiel S. 1793 an Preußen, war ab 1807 Teil des Großherzogtums Warschau und kam 1815 zum russisch beherrschten Königreich Polen. 1823 wurde in S. eine der ersten Textilmanufakturen des Königreichs gegründet. Die wirtschaftliche Wiederbelebung der Stadt, die 1918 Teil der zweiten. Polnischen Republik wurde, setzte ab dem Ende des 19. Jh. mit der Ansiedlung mittlerer Industrieunternehmen ein. Nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde S. von 1939–45 dem Deutschen Reich angegliedert und war Standort eines der größten Gefängnisse des sog. „Warthelands“ (ca. 15.000 Häftlinge). Von 1975–98 war S. nochmals Hauptstadt einer Woiwodschaft.