Mihai Viteazul
Mihai Viteazul (rumän., ungar. Vitéz Mihály, „Michael der Tapfere“), *1557 †19.08.1601 Turda, Krimkhan.
M. wurde 1557 als Mitglied der verzweigten Familie der Bassarab geboren, die zwischen dem 14. Jh. und frühen 17. Jh. nahezu sämtliche Landesherren in der Walachei gestellt hatte. Die Walachei war beginnend mit dem späten 14. Jh. stufenweise in Form eines christlichen Vasallenfürstentums Teil des osmanischen Reiches geworden. Rasche Wechsel an der Spitze des Fürstentums waren in der zweiten Hälfte des 16. Jh. die Regel. Grundsätzlicher Widerstand der orthodoxen Eliten gegen die osmanische Herrschaft wurde im 16. Jh. immer seltener. Die jeweiligen politischen Akteure am Hof von Târgovişte können eher als Teil einer der Fraktionen an der Hohen Pforte umschrieben werden, was gelegentliche punktuelle Einflussnahmen seitens nichtosmanischer Mächte und deren Residenten in Konstantinopel nicht ausschloss. Manche Konflikte zwischen der Hohen Pforte und Herrschaftsträgern in der Walachei wurden im Zuge der Entstehung der rumänischen Nationalbewegung im 19. Jh. zu national motivierten Konflikten stilisiert. Der Vergleich zwischen Aufständen in der Walachei gegen die Hohe Pforte und denen in anderen Provinzen des Reiches – seien es Paschaliks oder Vasallenreiche – gegenüber der Zentrale wäre hier durch die Forschung zu ziehen.
M. konnte bis zu seiner Ernennung zum Woiwoden der Walachei 1593 bereits eine Reihe hoher Ämter, wie das des Bans von Oltenien bekleiden. Infolge einer galoppierenden Inflation, ständig steigender Ausgaben für Armee und Hof, ausbleibender militärischer Erfolge und damit auch neuer Einnahmequellen wurde die Abgabenlast auch auf die Walachei im späten 16. Jh. spürbar erhöht. Auch dagegen wandte sich M. in einem drastischen Schritt der gleichzeitig einen zwischenzeitlichen Bruch mit seinem bisherigen Lehnsherrn bedeutete, der Ermordung zahlreicher osmanischer Kaufleute im September 1594. Zeitgleich erlag M. den Verlockungen eines Angebots seitens der österreichischen Habsburger sich einer formierenden Hl. Liga gegen das Osmanische Reich anzuschließen. Somit wurde die Walachei in den so genannten Langen Türkenkrieg (1593–1606) hineingezogen – mit verheerenden Konsequenzen für die Bevölkerung.
Die benachbarte Moldau und das Fürstentum Siebenbürgen traten fast zeitgleich diesem Bündnis bei. M. Bilanz als Feldherr in seinen zahlreichen Kampagnen zwischen 1595 und 1601 kann als wechselhaft bezeichnet werden. Glanzvolle Siege wie 1599 gegen András Báthory standen etwa verheerende Niederlagen wie gegen Giorgio Basta und Jan Zamoyski im Herbst des Jahres 1600 gegenüber Die benachbarte Moldau und das Fürstentum Siebenbürgen traten fast zeitgleich diesem Bündnis bei. M. Bilanz als Feldherr in seinen zahlreichen Kampagnen zwischen 1595 und 1601 kann als wechselhaft bezeichnet werden. Glanzvolle Siege wie 1599 gegen András Báthory standen etwa verheerende Niederlagen wie gegen Giorgio Basta und Jan Zamoyski im Herbst des Jahres 1600 gegenüber. Auffällig ist, dass seine Verbände mehrfach in Allianz mit überlegenen westlich geschulten Aufgeboten fochten wie im Herbst 1595 mit den Siebenbürgern in der Walachei und 1601 mit Giorgio Basta.
M. versuchte soweit es seine begrenzten materiellen Ressourcen zuließen auf abendländische Söldner aller Art zurückzugreifen. Seine Verbände bestanden nur zu einem geringeren Teil aus ethnischen Rumänen. Die beiden bedeutenden Siege gegen große osmanische Aufgebote unter dem Großwesir Sinan Pascha im August und Oktober 1595, die gemeinsam mit verbündeten siebenbürgischen Verbänden – darunter eine Vielzahl von Ungarn und Serben – errungen wurden, folgte in den folgenden drei Jahren ein Plünderungszug südlich der Donau und zwischenzeitlicher Waffenstillstand mit der Hohen Pforte.
Im Zuge der instabilen politischen Entwicklung in Siebenbürgen stellte sich M. 1599 wieder auf die Seite des Kaisers und zog mit dessen Billigung über die südlichen Karpaten gegen den Polen/Litauen und der Hohen Pforte nahe stehenden Fürsten Andreas Báthory, den er am 31.10.1599 bei Schellenberg (dt. hist., rumän. Şelimbăr, Şilimbăr,) entscheidend schlug.
Für einige Monate (November 1599 – Septmeber 1600) war M. nun de facto Regent auch in Siebenbürgen. De jure als Statthalter des Kaisers agierend versuchte er doch eine möglichst unabhängige an den eigene Interessen orientierte Politik zu betreiben. Er stützte sich dabei in erster Linie auf die Szekler, denen er ihre tradierten Privilegieren partiell zurückgab, während ungarischer Adel und Siebenbürger Sachsen ihm insgesamt sehr ablehnend gegenüberstanden. Kaum eine Bedeutung hatte seine Herrschaft für die Rumänen Siebenbürgens. Die Idee der Schaffung eines gesamtrumänischen Staates hatte er nicht, auch nicht als er im Frühjahr 1600 auch die Moldau erobern konnte. Nicht einmal eine Personalunion zwischen Walachei, Moldau und Siebenbürgen strebte der Fürst an.
Innerhalb von nur drei Monaten (September–Novemeber 1600) brach die instabile Herrschaft M.s vollständig zusammen. Sein unterbezahltes Aufgebot, in Siebenbürgen überwiegend ohnehin als landfremd angesehen, lief auseinander beziehungsweise war kaiserlichen Heeren unter General Basta nicht gewachsen. Der Prager Hof misstraute dem Fürsten M. hinsichtlich seiner Loyalität gegenüber der habsburgischen Seite, daher wurde er wieder aus Siebenbürgen verdrängt. Die von M. gestürzten moldauischen Landesherren aus dem Hause der Movileşti (poln. Mohyła) konnten von Polen/Litauen Unterstützung erwirken, die unter den Befehl des Krongroßhetmans und Kanzlers Jan Zamoyski selbst M.s herrschaft zum völligen Einsturz brachte und neue Fürsten als Vasallen nun der polnischen Krone in den beiden Donaufürstentümern einsetzte.
Der landlose Woiwode wandte sich als Exulant wie einige seiner Vorgänger und Nachfolger an eine abendländische Macht wie Polen/Litauen, Siebenbürgen oder die Habsburgermonarchie. Nach einem Aufenthalt am Wiener und Prager Hof im Winter 1600/1601 und Frühjahr 1601 gelang es ihm als einzigen der moldauischen und walachischen Exilanten im Habsburgerreich in der frühen Neuzeit, vom Kaiser mit Subsidien zur Truppenanwerbung ausgestattet zu werden und in denn Karpatenraum zurückgeschickt zu werden. Gemeinsam mit seinem alten Gegner General Giorgio Basta sollte im Verlauf des Jahres 1601 Siebenbürgen neuerlich für Rudolf II. erobert werden. Für M. war die Wiedereinsetzung als Woiwode in der Walachei unter nunmehr kaiserlicher Oberhoheit vorgesehen. Die beiden multiethnisch zusammengesetzten Heeresverbände Bastas und M.s trafen bald nach ihrem Einmarsch nach Siebenbürgen auf das zahlenmäßig überlegene Heer unter Fürst Sigismund Báthory, das sie bei Guruslau (ungar. Góroszló) am 03.08.1601 zersprengten. Die Sieger plünderten wie üblich bei ihrem weiteren Vormarsch das flache Land. Dabei taten sie die unterbezahlten Söldner M.s besonders hervor.
Zudem verstärkte sich das wechselseitige Misstrauen zwischen M. und Basta. M. so die Befürchtung wolle sich neuerlich in Siebenbürgen festsetzen und sei mit der Hohen Pforte in Kontakt. All diese Gründe und Vermutungen führten am 19.08.1601 zur Ermordung M.s in seinem eigenen Feldlager bei Turda (rumän., ungar. Torda; dt. hist. Thorenburg, latein. Salinopolis) durch eine Abordnung von deutschen, wallonischen und italienischen Söldnern Bastas. Sein Aufgebot löste sich rasch auf und wurde teilweise in das Bastas integriert.
Im Zuge der Entwicklung der modernen rumänischen Nationalidee im 19. Jh. wurde die Figur M.s zu einem der zentralen Heroen der rumänischen Nation konstruiert. Dabei spielten die Arbeiten von Nicolae Bălcescu u. a. eine entscheidende Rolle. Die Trägerschichten beider totalitärer Ideologien im Rumänien des 20. Jh. überhöhten die Rolle M. ins völkische. Der extrem nationalistische Kult um M. in der Ära Ceauceşcu, der sich etwa in einer Großzahl von Denkmälern oder Straßenbenennungen und einer Vielzahl von propagandistischen und pseudowissenschaftlichen Schriftzeugnissen äußerte, riss auch nach 1989 nur langsam ab. Weiterhin existiert ein verzerrtes national idealisiertes Bild dieses walachischen Woiwoden in weiten Teilen der rumänischen Öffentlichkeit, das so auch noch von einem Teil der gegenwärtigen rumänischen Historiographie propagiert wird.
Fassel H 1996: Historische Persönlichkeiten in der deutschen und rumänischen Literatur. Michael der Tapfere und Cantemir. Bochmann K., Krause S.: 100 Jahre Rumänistik an der Universität Leipzig. München, 143–154. Rezachevici C. 2001: Cronologia critică a domnilor din Ţara Româneasca şi Moldova: a. 1324–1881. Bucureşti, 317–363.