Walfang

Walfang

Der Begriff W. bezeichnet die Jagd auf das größte Säugetier der Erde. Der Wal wurde als Rohstofflieferant intensiv seit Anfang des 17. Jh. bejagt.

Die ersten europäischen Walfänger, von denen es schriftliche Zeugnisse gibt, waren die Wikinger. In der Edda (altnordische Handschriften) wird von Other von Drontheim erzählt, der mehrere Dutzend 50 – 60 Fuß lange Fische gefangen hat. Belegt ist auch der W. Mitte des 16. Jh. vor Island. Seit dem Mittelalter machten die Basken zunächst im Golf von Biscaya, später im gesamten nordatlantischen Raum Jagd auf den Wal und erreichten dabei ab 1372 auch die Küste von Neufundland. Mit der Entdeckung Spitzbergens und der Beschreibung des dortigen reichhaltigen Walbestandes begann um 1612 der W. an den Küsten Spitzbergens und Jan Mayens. Dieser entwickelte sich rasch, und er wurde mit zunehmender Überfischung der Buchten auch auf die offene See längs der polaren Eiskante und die Davis-Strait ausgedehnt. In den ersten Jahren waren die Niederlande und England beteiligt, ihnen folgten Frankreich, Spanien, Dänemark und Deutschland, später auch russische Schiffe.

Anfangs wurde fast ausschließlich dem Grönlandwal (Balaena mysticetus) und dem Atlantischen Nordkaper (Eubalaena glacialis) nachgestellt. Der Bestandsrückgang führte nach 1870 zu einer Einstellung des mitteleuropäischen W. in der Arktis. Die Jagd auf den Pottwal (Physeter macrocephalus) begann 1712 von den amerikanischen Ostküstenstaaten aus und wurde von diesen auf die ganze Welt ausgedehnt.

Die Erfindung der Bombenlanze und die Nutzung von Dampfschiffen ermöglichte auch die Jagd auf die schnell schwimmenden Furchenwale wie Finn- und Blauwal (Balaenoptera phyalus und musculus). Der Walfang wurde nun in zunehmendem Maße industriell betrieben. 8 bis 12 kleine Fangschiffe führten einem großen Fabrikschiff die gefangenen Wale zu, auf dem der Wal verarbeitet wurde. An einigen Standorten wurden auch an Land W.stationen eingerichtet.

Von den Walen wurde v. a. der Speck (Blubber) verwendet. Dieser wurde ausgelassen und zu Tran verarbeitet, welcher als Leucht- und Schmiermittel bis zur ersten Erbohrung von Erdöl 1859 in Pennsylvania sehr bedeutend war. Waltran diente lange Zeit auch als Grundstoff für Margarine und die Seifenindustrie. Bei den Bartenwalen fanden die Barten als „Fischbein” in Kämmen, Spangen, Knöpfen, Korsett- und Schirmstangen usw. Verwendung. Die Elastizität und Stabilität machten diesen Werkstoff wertvoll, er wurde später durch Kunstharze ersetzt. Das besonders hochwertige Walrat, eine Ölflüssigkeit aus den Köpfen der Pottwale, diente als Grundstoff für die Kerzenherstellung. Amber, ein Stoffwechselprodukt aus dem Magen von Pottwalen, war so wertvoll wie Gold und wurde als Grundstoff für die Parfümherstellung verwendet. Das Fleisch wurde nur in wenigen Ländern verwendet und ließ sich meistens nur als Tierfutter absetzen.

Die besonders walreiche Antarktis wurde stark bejagt, allein zwischen 1930 und 1940 wurden in der Antarktis mehr als 310.000 Großwale gefangen, was den Bestand schnell dezimierte. 1946 wurde daher die Internationale W.-Kommission gegründet, deren Ziel eine geordnete Entwicklung der W.industrie war, was aber zunächst nicht zu einer Verringerung der Fangquoten führte. Durch die Berichte von Tierfilmern wie Jacques Cousteau entwickelte sich eine breitere Anti-W.-Bewegung: Nach Gründung der ersten derartigen Organisation (›American Cetacean Society‹) schlossen sich u. a. Greenpeace und der WWF an.

Die Anti-W.-Bewegung erreichte 1982 ein Verbot des kommerziellen W., welches 1986 in Kraft trat. Obwohl sich nicht alle Staaten daran hielten, konnte Fang die Zahl der zu kommerziellen Zwecken gefangenen Wale von über 13.000 (1982) auf nur noch 950 (1996) jährlich zurückgeschraubt werden. 1994 wurde ein Walschutzgebiet um die Antarktis errichtet. Unter der Begründung des wissenschaftlichen W. werden nach wie vor Wale gejagt, v. a. durch Japan und Norwegen. Island plante dies ebenfalls, zog diesen Plan auf internationalen Druck hin aber 2004 wieder zurück.

Legal ist weiterhin der traditionelle W. einiger Volksgruppen. So ist es dem Volk der Tschuktschen (russ. Čukči), den Inuit und anderen (Grönland, Vereinigte Staaten) und den Bewohnern von Bequia (St. Vincent u. die Grenadinen) gestattet, eine begrenzte Anzahl Wale zu fangen. Weiterhin ist der Fang von Kleinwalen nicht vom W.verbot betroffen.

Carwardine M. u. a. 1998: Wale, Delphine & Tümmler. Köln. Ellis R. 1993: Mensch und Wal. München. Hacquebord L. 1988: Smeerenburg. Bremerhaven. Münzing J. 1978: Die Jagd auf den Wal. Heide in Holstein. Spence B. 1980: Harpooned - The Story of Whaling. Greenwich.

(Börge Pflüger)

Anfang
Views
bmu:kk