Schrift (-systeme)
Schrift (-systeme)
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1 Allgemeiner Überblick
S. wird bis heute einhellig als elementares Instrument von Zivilisation bewertet. In der Tat kannten alle frühen Zivilisationen die Technologie S., und dies gilt für die Alte Welt ebenso wie für die Neue Welt. Die Geschichte der S.technologie in Europa ist nicht geradlinig. Vielmehr stellt sich in der historischen Retrospektive heraus, dass zwar in Westeuropa die Anfänge der Entwicklung numerischer Notationssysteme liegen, dass aber das älteste S.system dieses Kontinents im neolithischen Kulturmilieu Osteuropas entstanden ist.
Im Kulturmilieu der jungpaläolithischen Populationen, die die Höhlenmalereien in Südwest-Frankreich und Nordspanien geschaffen hatten, wurden also erste Notationssysteme entwickelt. In jener Periode vor 15–20.000 Jahren liegen die Anfänge numerischer Notation von Mondphasen in Form der intentionalen Verwendung von Strich- und Punktzeichen. Diese Tradition brach allerdings irgendwann ab, und es lässt sich keine Kontinuität bis hin zur frühen Schriftlichkeit des 1. Jt. v. Chr. feststellen.
Während die Entwicklung in Westeuropa stagnierte, erlebte Osteuropa im späten Neolithikum den evolutiven Sprung in die Welt der Schriftlichkeit. Bereits im Mesolithikum ist in der Balkanregion eine rege Symboltätigkeit festzustellen. Diese lässt sich an einem reichhaltigen Motiv- und Formenschatz erkennen, und zwar in den narrativen Sequenzen von Felsbildern sowie im ornamentalen Dekor von Tongefäßen und Schmuckstücken. Auffällig ist die markante Tendenz zur Abstraktion und Stilisierung von elementaren Motiven. Diese intensive Symboltätigkeit ist der Ausgangspunkt für einen evolutiven Schub im Kulturschaffen der lokalen Bevölkerung, und um die Mitte des 6. Jt. v. Chr. wird die Schwelle zur intentionalen Verwendung von Zeichen mit Mitteilungscharakter überschritten. Dies bedeutet, dass von da an Zeichen systemhaft organisiert wurden, indem man ihnen konventionelle Bedeutungsinhalte zuordnete. Im globalen Vergleich hat Osteuropa somit die längste Tradition in der Schriftverwendung.
1.1 Schreibprinzipien und Schriftarten im östlichen Europa
Im Laufe der Zeit sind die verschiedensten S.systeme mit den unterschiedlichsten Schreibprinzipien zur Anwendung gekommen:
- Das logographische (bzw. ideographische) Prinzip (entsprechend einer Schreibweise, wonach sich die S. am Bedeutungsgehalt eines Wortes und nicht an dessen Lautstruktur orientiert):
- S. der Donauzivilisation, Altkretische Hieroglyphenschrift (?)
- Das phonographische Prinzip (entsprechend einer Schreibweise, wonach sich die S. an der Lautstruktur der Wörter orientiert):
- a) Silbenschriften: Altkretisch Linear A zur Schreibung des Minoischen, Linear B zur Schreibung des Mykenisch-Griechischen, Kypro-Minoisch, Kyprisch-Syllabisch;
- b) Alphabetschriften: Griechisches Alphabet und dessen Ableitungen (westgotische, kyrillische Schrift, u. a.).
Die logographischen S.systeme sowie die Silbenschriften sind zeitlich älter als die Alphabetschriften. Entsprechend ihrer kulturchronologischen Abfolge sind für die Schriftkultur Osteuropas evolutive Stadien zu unterscheiden:
1.2 Die Kontinuität der alteuropäisch-altägäischen Schriftkultur
Die Entwicklung in der Symboltätigkeit hin zur Schriftverwendung ist nach Aussage der ältesten Funde beschrifteter Objekte für die Zeit um 5500 v. Chr. in einer Region anzusetzen, die sich von Südungarn über Serbien bis ins westliche Rumänien erstreckt. Von den Siedlungen im Flusstal der Donau und ihrer Nebenflüsse übernimmt Vinča (südlich von Belgrad) bald eine führende Rolle. Von Vinča gehen entscheidende Impulse für die kulturelle Entwicklung der gesamten Balkanregion aus.
Das Schriftsystem, das damals in Südosteuropa entstand und sich in den Siedlungen der agrarischen Bevölkerung verbreitete, markierte den Wendepunkt in der Evolution der Lokalkulturen zur Donauzivilisation, die nach den derzeitigen Erkenntnissen zur globalen Kulturevolution die älteste Zivilisation der Welt ist. Die sumerische Zivilisation mit ihrer frühen Schriftlichkeit gewann erst etwa zweitausend Jahre später ihr Eigenprofil, als um 3200 v. Chr. die ersten Texte entstanden.
Die Schrift der Donauzivilisation, die von einigen Forschern als „alteuropäische Schrift“, von anderen als „Balkanschrift“ (bzw. „altbalkanische Schrift“) bezeichnet wird, war mit ihren mehr als 300 Zeichen ein archaisches Schriftsystem, das noch fast gänzlich sprachunabhängig funktionierte. Mit einem Einzelzeichen wurde jeweils der Inhalt eines ganzen Wortes wiedergegeben, die Lautung von Wörtern wurde höchstens in Ausnahmefällen bezeichnet. Nach eben diesem Prinzip funktionierten auch die altsumerische Piktographie (Schriftverwendung der Phasen Uruk III und IV) oder die alte Indus-Schrift. Dieses Prinzip der Schriftverwendung entspricht einer logographischen (bzw. ideographischen) Schreibweise. In der Schriftforschung, soweit sie sich an der US-amerikanischen Tradition orientiert, ist eine Tendenz zu beobachten, die archaischen Frühstadien der Schriftentwicklung auszublenden und von eigentlichem Schriftgebrauch (›true writing‹) erst zu sprechen, wenn Schriftzeichen auch bevorzugt phonetische Elemente wiedergeben.
Die Schriftkultur der Donauzivilisation erlebt ihre Blütezeit im 5. Jt. v. Chr. Die letzten bislang bekannten Schriftzeugnisse aus der Balkanregion im alten Schriftsystem stammen aus der Zeit um 3200 v. Chr. und sind in Nordgriechenland gefunden worden. Die chronologische Abfolge der Lokalkulturen in der Bronzezeit lässt allerdings das Wirken einer Kulturdrift erkennen, die sich in Form eines massiven Ideentransfers von der Balkanregion ins Küstengebiet der Ägäis und in den ägäischen Inselarchipel manifestiert. Ältere Kulturmuster der Donauzivilisation erleben auf den Kykladen und im minoischen Kreta eine Renaissance. Hierzu gehören ebenfalls elementare Motive des Symbolschatzes, z. B. die Spirale, das Bild der Doppelaxt, Bukranien (Stierhörner), der Mäander, das V-Motiv.
Auch die Schrifttechnologie gelang mit dem Ideengut vom südosteuropäischen Festland nach Kreta, wo um 2500 v. Chr. die Tradition der einheimischen Silbenschrift Linear A beginnt. Rund die Hälfte des Zeichenbestandes von Linear A findet Parallelen im Zeicheninventar der alteuropäischen Schrift. Nicht allein die Ähnlichkeiten in den Zeichenformen sprechen für das Wirken der Kulturdrift. Auch die Art und Weise, wie neue Zeichen als Ableitungen von Grundformen mit Hilfe diakritischer Zeichen (Punkte, Striche, Bögen) entstehen, entspricht dem Prinzip der Neuzeichenschöpfung im Kulturmilieu Alteuropas.
Die Schriftkultur in den altägäischen Kulturen tritt als jüngere Entwicklungsstufe der älteren Donauzivilisation in Erscheinung. Die kretische Hieroglyphenschrift, Linear A und Linear B stehen in einem historischen Zusammenhang. Von diesen ist Linear B zur Schreibung des mykenischen Griechisch die jüngste Ableitung. Die älteste Inschrift in Linear B, die im heiligen Bezirk von Olympia gefunden worden ist, wird ins 17. Jh. v. Chr. datiert. Lange Zeit ging man davon aus, dass Linear B erst um 1550 v. Chr. entstanden wäre.
Der neue Schriftfund bekräftigt eine ältere Annahme, wonach die Mykener bereits auf dem Festland mit dem minoischen Schriftimport Linear A experimentiert haben und dieses System zur Schreibung ihrer Sprache adaptierten. Spätestens zu Beginn des 16. Jh. v. Chr. besetzten die Mykener Kreta und beherrschten einige Jahrhunderte lang den Nordteil der Insel (mit dem politischen Zentrum in Knossos). Schriftfunde von Linear B stammen aus Knossos und Kasteli auf Kreta sowie aus den mykenischen Kulturzentren des Festlandes (Mykene, Tiryns, Pylos, Orchomenos, Theben).
Das Griechische wird seit dem 17. Jh. v. Chr. geschrieben. Im Laufe seiner Geschichte dienten zur Schreibung dieser Sprache drei verschiedene Schriftsysteme:
- ➾ Linear B (Silbenschrift; in Gebrauch zwischen dem 17. Jh. und dem 12. Jh. v. Chr.);
- ➾ Kyprisch-Syllabisch (Silbenschrift; in Gebrauch zwischen dem 11. und 4. Jh. v. Chr.; verwendet von den mykenischen Emigranten, die nach dem Zusammenbruch der mykenischen Macht nach Zypern flohen, und deren Nachkommen);
- ➾Alphabetische Schriftart (in Gebrauch seit dem 8. Jh. v. Chr.).
Im Hinblick auf die zeitliche Tiefe seiner Schrifttradition ist das Griechische im weltweiten Vergleich die älteste Schriftsprache, die bis heute verwendet wird. Im Allgemeinen wird dieser Status der chinesischen Schriftsprache zuerkannt. Die Schrifttradition der altchinesischen Orakelinschriften setzte aber erst um 1200 v. Chr. ein. Die griechische Schriftkultur ist also um mehrere Jahrhunderte älter.
Ein spätes Echo findet die alteuropäisch-altägäische Schriftkultur im Kontext der Ausarbeitung eines Schriftsystems für das Karische in Kleinasien, das zwischen dem 8. und 3. Jh. v. Chr. geschrieben wurde. Das Zeicheninventar der karischen Schrift lehnt sich teilweise an die westgriechische Variante des griechischen Alphabets, teilweise auch an das Kyprisch-Syllabische an. Die Zeichen der karischen Schrift besitzen Buchstabenwert und haben so eine Transformation zu Buchstabenzeichen erlebt. Mit der karischen Schrifttradition erlosch auch die Kenntnis der altägäischen Schriften.
1.3 Die Hemisphäre der griechischen Schriftkultur
Osteuropa ist im kulturhistorischen Kontext als die Hemisphäre der griechischen Schriftkultur bezeichnet worden, so wie die lateinische Schriftkultur im Gegensatz dazu die Schriftlichkeit in der westlichen Hemisphäre, im westlichen Teil des Kontinents, geprägt hat. In der Tat hat die griechische Kultur weit über das Kernland der griechischsprachigen Bevölkerung in Südosteuropa ausgestrahlt. In römischer Zeit differenzierten sich zwar zwei Kulturzonen aus (mit einer südlichen, griechisch dominierten und einer nördlichen, lateinisch dominierten), seit dem Frühmittelalter gewann aber das Griechische immer mehr Einfluss im nördlichen Teil des Balkans. Mit der Verbreitung des Christentums griechisch-orthodoxer Prägung in die ›Slavia‹ fanden auch die griechische Schrift und das Schrifttum in griechischer Sprache Eingang in den Bildungskanon der Südslawen und Ostslawen.
Das Schrifttum in griechischer Sprache, und zwar die in Alt-, Mittel- und Neugriechisch entstandene Literatur, ist das umfangreichste und nach seinen Gattungen am weitesten verzweigte in der Kulturgeschichte Osteuropas. Keine andere Sprache hat soviel Einzelwerke der verschiedensten thematischen Bereiche produziert wie das Griechische. Keine andere Schriftkultur Osteuropas hat so weit in Gebiete außerhalb ihres Kernlandes ausgestrahlt wie die griechische. Griechische Schrift und griechische Literatur waren zur Zeit des Hellenismus (d. h. 4. Jh. v. Chr.–1. Jh. n. Chr.) bis Nubien in Schwarzafrika, bis in die Kaukasus-Region und bis in die gräzisierten Kulturzentren Zentralasiens bekannt.
Von der griechischen Originalliteratur der Antike ist vieles verloren gegangen. Von der zweiten Hälfte des 8. Jh. bis zum Ende des 10. Jh. wurde praktisch die gesamte griechische Literatur (mit wissenschaftlichen, philosophischen, belletristischen und ausgewählten religiösen Werken) ins Arabische übersetzt.
In Osteuropa verbreitete sich die Schriftkultur über das Medium der christlichen Weltanschauung, und deren Orientierungsbasis war das griechische Kulturschaffen. Für die frühen christlichen Kulturen Osteuropas waren die griechische Bibelübersetzung und die griechische religiöse Literatur konkurrenzlose Vorbilder. Zu den Südslawen (Makedonen, Bulgaren) gelangten Inhalte der griechischen Originalliteratur zumeist in Form von Übersetzungen. Das Gleiche gilt für die frühe Schriftlichkeit in der Kiewer Rus. Die Werke des übersetzten Schrifttums in altrussischer Sprache sind aber nicht bloß Adaptionen griechischer Originale. Vielmehr erreichte die Schriftkultur im alten Russland Originalität auch bei den inhaltlichen Übertragungen griechischer Texte ins Russische.
Über das in seinem Wortschatz, seiner Syntax und Phraseologie stark vom Griechischen überformte Altkirchenslawische steht das Russische bis in die Neuzeit indirekt unter dem Einfluss des Griechischen als Kultursprache.
1.4 Das Kaleidoskop lokaler Schriftkulturen seit dem Mittelalter
Im Verlauf des Mittelalters kristallisiert sich die Schriftlichkeit Osteuropas in immer neuen lokalen Schriftkulturen aus. Die Geschichte der Schriftkultur Osteuropas ist die Geschichte des Ausbaus ehemals nur gesprochener Volkssprachen zu Schriftmedien. Auch die Schreibtechnologie fächert sich in einer Vielzahl von Schriftarten aus. Die bedeutendsten Schriftsysteme, mit denen Kultursprachen geschrieben wurden, und in denen ein weit verzweigtes Schrifttum entstanden ist, sind die folgenden Alphabetschriften: kyrillisch, lateinisch, arabisch, hebräisch, armenisch, georgisch. Diese Schriftarten werden entweder für bestimmte Kultursprachen geschaffen (z .B. Armenisch und Georgisch) oder für lokale Sprachen adaptiert.
In einem kontinuierlichen Prozess vom Mittelalter bis in die Neuzeit emanzipieren sich immer neue Schriftsprachen:
Zeitraum | neue Schriftsprache | Bis dahin verwendete Schriftsprache | |
5. Jh. | Armenisch | ||
Georgisch | Griechisch | ||
6. Jh. | |||
7. Jh. | |||
8. Jh. | |||
9. Jh. | Altkirchenslawisch (altbulgarischer und altmakedonischer Prägung) | Lateinisch/Griechisch | |
11. Jh. | Russisch | Altkirchenslawisch | |
Kroatisch | Altkirchenslawisch/Lateinisch | ||
12. Jh. | Serbisch | Altkirchenslawisch | |
13. Jh. | Ungarisch | Lateinisch | |
Tschechisch | Lateinisch/Deutsch | ||
Polnisch | Lateinisch | ||
Aserbaidschanisch | Arabisch | ||
14. Jh. | Komi-Syrjänisch (I) | Altrussisch | |
Ukrainisch | |||
15. Jh. | Weißrussisch (I) | Altrussisch/Lateinisch | |
Kaschubisch | Polnisch | ||
Tatarisch | Tschagataisch/Arabisch | ||
16. Jh. | Rumänisch | Mittelbulgarisch/Lateinisch/Deutsch | |
Finnisch | Schwedisch/Lateinisch | ||
Estnisch | Deutsch | ||
Litauisch | Polnisch | ||
Lettisch | Deutsch | ||
Albanisch | Lateinisch/Türkisch | ||
Slowenisch | Deutsch | ||
Sorbisch | Deutsch | ||
17. Jh. | Neugriechisch (griech. Dimotiki) | Griechisch (Kathareusa) | |
Samisch (Schwedisch-S.) | Schwedisch | ||
Komi-Syrjänisch (II) | Russisch | ||
18. Jh. | Baschkirisch | Tatarisch/Russisch | |
Tschuwaschisch | Russisch | ||
Ossetisch | Georgisch | ||
Slowakisch | Tschechisch/Deutsch/Ungarisch/Lateinisch | ||
Karaimisch | Polnisch | ||
Samisch (Norwegisch-S.) | Norwegisch | ||
19. Jh. | Mordwinisch | Russisch | |
Tscheremissisch (Mari) | Russisch | ||
Serbokroatisch (bis 1991) | Altkroatisch/Lateinisch/ Altserbisch/Türkisch | ||
Neubulgarisch | Kirchenslawisch/Mittelbulgarisch | ||
Makedonisch | Türkisch | ||
Udmurtisch (Wotjakisch) | Russisch | ||
Weißrussisch (II) | Russisch | ||
Rusinisch | Deutsch/Serbokroatisch/Polnisch/Ukrainisch | ||
20. Jh. | Komi-Permjakisch | Russisch | |
Moldauisch (Moldau-Rumänisch) | Russisch | ||
Nenzisch (Jurakisch) | Russisch | ||
Gagausisch | Russisch/Moldauisch | ||
Samisch (Skolt-S.) | Finnisch | ||
Romani | Russisch/Finnisch | ||
Livisch (1930er Jahre) | Lettisch | ||
Karelisch | Russisch | ||
Wepsisch | Russisch | ||
Ingrisch (1930er Jahre) | Russisch | ||
Samisch (Kildin-S.) | Russisch |
Die mit (I) und (II) markierten Sprachen haben zwei Verschriftungen erlebt. Eine ältere Schrifttradition wurde unterbrochen und der Schriftsprachengebrauch setzte später erneut ein.
2 Allgemeiner Ausblick
Im modernen Informationszeitalter hat sich die Gebrauchshäufigkeit der Lateinschrift in Osteuropa merklich verstärkt. Im Bereich der virtuellen Literalität (Internet) erleben das lateinische Alphabet als Schriftvariante und das Englische als Kommunikationsmedium eine Blüte wie zu keiner Zeit vorher. Auch in den Ländern, wo die Kyrilliza als Schriftsystem der traditionellen Literalität dominiert (Russland, Ukraine, Belarus, Bulgarien, Makedonien, Serbien), herrschen heutzutage eine elitäre Digraphie (mit der Konkurrenz von Lateinschrift und Kyrilliza) und eine elitäre Zweisprachigkeit (mit der Nationalsprache als Primärsprache-und dem Englischen als Zweitsprache) vor.
Für diejenigen, die im Alltag mit der Kyrilliza oder anderen (nichtlateinischen) Schriftarten umgehen (z. B. bei den ostslawischen Völkern, Armeniern, Georgiern, Tataren, Griechen) und die Zugang zur digitalen Literalität haben, sind Kenntnisse der Lateinschrift und des Englischen unverzichtbar. Diese beiden Medien überdachen die lokalen Sprachkulturen in einer Weise, dass sie Osteuropa zu einer Kulturprovinz der globalen Interkommunikation machen.
Diels P. 1963: Die slavischen Völker. Wiesbaden (= Veröffentlichungen des Osteuropa-Institutes München 11). Gardt A. (Hg.) 2000: Nation und Sprache. Die Diskussion ihres Verhältnisses in Geschichte und Gegenwart. Berlin, New York. Gutas D. 1998: Greek thought, Arabic culture. The Graeco-Arabic translation movement in Baghdad and early Abbasid society (2nd - 4th / 8th - 10th centuries). London. Haarmann H. 1995. Early civilization and literacy in Europe. Berlin. Haarmann H. 2004: Geschichte der Schrift. München. Hinrichs U. (Hg.) 1999: Handbuch der Südosteuropa-Linguistik. Wiesbaden. Okuka M. (Hg.) 2002: Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens (= Wieser Enzyklopädie des europäischen Ostens, Bd. 10.) Klagenfurt.