Sremska Mitrovica

Sremska Mitrovica (serb., dt. hist. Mitrowitz, latein. Sirmium, ungar. Mitrovica, auch: Mitrovicza); größte Stadt in Srem (serb., kroat. Srijem), am linken Ufer der Save mitten im fruchtbaren Lößgebiet auf 87 m ü. d. M. gelegen. S. M. befindet sich unmittelbar an der Verkehrslinie Zagreb–Belgrad in der nordserbischen Region Wojwodina der heutigen Republik Serbien und Montenegro. Die Stadt hatte 1902 11.518, 1961 20.790, 2002 40.488 Einwohner, der Verwaltungsbezirk (serb. opština) 2004 85.205 Einwohner (81,6 % Serben, 7,5 % Jugoslawen, 4,3 % Kroaten, 1,1 % Ungarn, 0,7 % Roma, 0,5 % Montenegriner, 0,4 % slawische Muslime, 0,3 % Slowaken, 0,1 % Albaner, und insgesamt 3,6 % Rumänen, Deutsche, Juden, Ruthenen, Ukrainer, Russen u. a.), davon waren ca. 14 % serbische Kriegsflüchtlinge zumeist aus Kroatien und dem Kosovo.

An der Stelle der heutigen Stadt S. M. befand sich in der Antike Sirmium, Hauptstadt der römischen Provinz ›Pannonia Inferior‹ und eine der späteren vier Haupstädte des römischen Imperiums. Eine seit dem Neolithikum durchgehende Besiedlung des Ortes ist durch archäologische Funde nachgewiesen. Erstmalig wird Sirmium zu Beginn des 1. Jh. n. Chr. als Kolonie und Zollstation erwähnt. Schon ab dem 2. Jh. wurde die für damalige Verhältnisse sehr große Stadt mit bis zu 100.000 Einwohnern Aufenthaltsort der römischen Kaiser. Nach einer Überlieferung soll im 3. Jh. der hier geborene römische Kaiser Aurelius Probus die Weinrebe aus Asien nach Europa gebracht und diese zuerst um S. M. angepflanzt haben.

Ihre größte Blütezeit erlebte die Stadt am Ende des 3. Jh. Sirmium wurde zu einem Zentrum der christlichen Religion und Sitz der Kirchenverwaltung für die Region. Es entwickelte sich zu einer der reichsten Städte der damaligen Zeit, besaß Wasserleitungen und Kanalisation, Kaiserpaläste, Mausoleen sowie große Gebäude öffentlichen Charakters (Theater, Thermen, Kirchen, u. a.), eine Münzprägeanstalt, verschiedene Werkstätten, z. B. für Sättel, Schilder, Waffen, eine Weberei u. a. Bis heute sind vier Nekropolen erhalten geblieben, von denen eine christlichen Ursprunges ist. Sirmium war Geburtsort bedeutender Imperatoren, wie Aurelian oder Trajan.

Zur Zeit der Völkerwanderung wurde Sirmium besonders schwer verwüstet, z. B. um 400 durch die Goten, von 441–53 durch die Hunnen und im Jahre 582 durch die Awaren, die die Stadt eroberten, sich dort auch ansiedelten und damit das Ende der spätantiken Periode Sirmiums markierten. Zu Ausgang des 8. Jh. befand sich Sirmium unter fränkischer, seit 829 unter bulgarischer Hoheit. Papst Hadrian II. berief in der 2. Hälfte des 9. Jh. den Slawenapostel und späteren Heiligen der orthodoxen Kirche Methodius zum Bischof von Pannonien mit Sitz in Sirmium. Mit dem Niedergang des Ersten Bulgarischen Reiches 1018 fiel die Stadt bis 1180 an Byzanz und war Sitz einzelner Diözesen. Von der antiken Stadt sind nur noch Ruinen erhalten, deren Großteil sich immer noch unter der Erde befindet. Viele überlieferte Fresken und Mosaiken sind von hoher künstlerischer Qualität. Die Einflusszone der römisch-antiken Ansiedlung umfasste den ganzen östlichen Teil der pannonischen Ebene sowie große Teile der Balkanhalbinsel. Die einstige Bedeutung Sirmiums hat das heutige S. M. jedoch verloren.

Der Name S. M. geht auf das Kloster ›Sv. Dimitrija‹ aus dem 13. Jh. zurück. Nach der Besitzname S.M.s durch Ungarn 1180 erhielt die wirtschaftlich und religiös-kulturell wieder aufstrebende Stadt den lateinischen Namen ›Civitas Sancti Demetrii‹ (Stadt des Hl. Demetrius, in slawischen Texten Mitrovica, Dmitrovica). 1241/42 wurde S. M. von der Mongoleninvasion heimgesucht. Bis zum Beginn des 14. Jh. bewahrte sich S. M. jedoch den Status einer freien Stadt, in der zweiten Hälfte des 14. Jh. errichteten Händler aus Ragusa (heute kroat. Dubrovnik) eine Kolonie in S. M. 1396 wurde die Stadt erstmalig von den Osmanen niedergebrannt, in deren Besitz sie 1526 überging. Im Frieden von Požarevac 1718 wurde S. M. Österreich zugeteilt. In der Folgezeit siedelten sich in der Stadt neben serbischen Flüchtlingen aus Bosnien auch aromunische Händler, Kroaten sowie Deutsche an. Letztere, die sog. Donauschwaben waren überwiegend Katholiken aus Hessen. Die Stadt entwickelte sich zu einem bedeutsamen Zentrum für den Handel zwischen Bosnien, Serbien und Österreich.

Das bis heute erhaltene barocke Zentrum stammt aus dem 18. Jh., die orthodoxe Kirche wurde 1794 errichtet. Diese ist ein typisches Beispiel für den österreichisch-ungarischen Barock in der Architektur der serbisch-orthodoxen Sakralbauten in Nordserbien. Bis zur Entwicklung von S. M. zu einer Industriestadt am Ende des 19. bzw. zu Beginn des 20. Jh. lebte der Ort von Ackerbau, Viehzucht, Handwerk und Handel. Als wichtigste Wirtschaftszweige bildeten sich eine vielfältige Holz verarbeitende und eine Nahrungsmittelindustrie heraus. Seit 1918 gehörte S. M. zum „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“. Während des Zweiten Weltkrieges gab es im Raum S. M. besonders starken Widerstand gegen die deutsche Besatzung. Von 1941 bis 1944 gehörte die Stadt zum kroatischen Ustaša-Staat und trug den Namen ›Hrvatska Mitrovica‹. In dieser Zeit wurden ca. 7000 Einwohner der Stadt getötet. Im kommunistischen Jugoslawien gab es in S. M. in der ehemaligen Seidenspinnerei ›Svilana‹ von Anfang August 1945 bis 5. Mai 1947 ein Internierungslager, in dem ca. 2000 Donauschwaben ums Leben kamen. Während der NATO-Bombardierungen 1999 kam es zu häufigen Angriffen auf S. M.

Für Srem stellt S. M., welches auch Verwaltungssitz der gleichnamigen Gemeinde ist, ein wichtiges politisches, kulturelles und wirtschaftliches Zentrum dar. So existieren eine Stadtbibliothek, ein staatliches Archiv, eine Hochschule für Pädagogik, ein Amateur-Theater, ein Museum (›Muzej Srema‹) mit Galerie, welches Ausstellungsstücke aus den Bereichen Archäologie, Numismatik, Ethnographie und Geschichte besitzt, u. a. Gegenwärtig plant die Universität in Novi Sad die Errichtung einer Zweigstelle ihrer pädagogischen Fakultät in S. M.

Milošević P. 2001: Arheologija i istorija Sirmijuma. Novi Sad.

(Christoph P. Giesel)


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