Divriği

Divriği (türk., hist. Tephrike)

D. ist heute eine zwischen Sivas und Erzurum am Fluss Çaltı Suyu gelegene türkische Bergbaustadt mit 14.429 Einwohnern (2000). Die sich in Stadtzentrum und Dörfer aufteilende Gemeinde umfasst 2782 km². D. liegt 1250 m ü. d. M. in der Provinz Sivas (28.477 km² und 794.000 Einwohner 2000). Die Stadt ist von hohen Bergen umgeben, deren höchste Yama Dağı (2735 m), Çengelli Dağı (2596 mt), Eğerli Tepesi (2289 m) und Delidağ (2150) sind. Neben dem Çaltı Suyu befinden sich noch mehrere weitere Wasserläufe (Hekme Çayı, Nih Çayı, Kangal Çayı, Acı Çay und Gedikbaşı) im Einzugsgebiet der Stadt; sie alle münden in den Euphrat. In der ersten Hälfte des 20. Jh. begann man in der Umgebung der Stadt mit dem Abbau von Eisenerzen; diese werden vermittels der Eisenbahn Sivas–Erzurum, die durch D. führt, abtransportiert und über 900 km entfernt an der Schwarzmeerküste verhüttet. Eine Hauptstrasse verbindet D. mit der ca. 130 km nordwestlich gelegenen Provinzhauptstadt Sivas.

D. liegt in einem fruchtbaren Tal, das nach Norden von bis zu ca. 2400, nach Süden von bis zu ca. 2700 m hohen Bergketten begrenzt wird. Diese Lage macht die Stadt zu einer natürlichen Festung, was wohl für die von der byzantinischen Orthodoxie verfolgte gnostisch-manichäische Sekte der Paulikianer, ein entscheidender Grund gewesen sein muss, dort um das Jahr 845 eine befestigte Siedlung zu errichten. Die Paulikianer erhielten dazu die Erlaubnis des muslimischen Herrschers der Gegend (Emir von Malatya [hist. Melitene]). In der Folge unterstützten sie die Muslime während der Kampagnen von 856, 859 und 861, nahmen jedoch nicht am großen Feldzug von 863 teil, in dem der Emir fiel. Bald danach gelang es dem byzantinischen Kaiser Basileios I., die Paulikianer vernichtend zu schlagen (871) und so ihre Unabhängigkeit zu beenden (D. fiel 872). Ostanatolien wurde danach zum zwischen Byzantinern und Muslimen umkämpften Gebiet. Erst nach dem seldschukischen Sieg über die Byzantiner bei Manzikert (heute Manazkert, 1071) wurde D. ständig von muslimischen Emiren, die teils den Danišmand, teils den Seldschuken tributpflichtig waren, beherrscht. 1516 eroberten dann die Osmanen Zentral- und Ostanatolien und verleibten damit auch D. ihrem Reich ein.

Das Stadtbild von D. ist historisch gewachsen, Baudenkmäler sind teilweise gut erhalten. Zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört das hervorstechende architektonische Merkmal von D., der auf einem Hügel über der Stadt gelegene Doppelkomplex einer „Freitagsmoschee“ und eines Krankenhauses (osman. Dār-üş-Şifā). Diese wurden 1228 vom regierenden Emir Ahmet Šāh und seiner Frau Turḥān Melek Hanım gestiftet.

Der Stil der Moschee ist ein rokokohaft übersteigerter seldschukischer Stil; besonders offensichtlich ist dies bei den Verzierungen der Fassaden. In seldschukischen Städten wäre ein solcher Stil als geschmacklos empfunden worden, in D. aber konnte Ahmet Šāh seine Repräsentationsbestrebungen frei ausleben. Das Nordportal ist besonders prächtig, während das Innere der Moschee sehr schlicht ausgefallen ist. Die Kuppel wird von 16 Säulen getragen, und auch die Miḥrāb ist nur wenig kunstvoll.

Das neben der Moschee gelegene Krankenhaus ist eine architektonische Kuriosität. Äußerlich neben dem Portal eher schmucklos gehalten, ist der Grundriss des Bauwerks asymmetrisch, und jede der vier das Dach tragenden Säulen ist unterschiedlich gehalten. Das Krankenhaus verfügt über ein achteckiges Wasserbecken, aus dem das Wasser durch einen spiralförmigen Abfluss fließt; das dadurch erzeugte sanfte Geräusch sollte wahrscheinlich beruhigend auf die Patienten wirken. Eine erhöhte Plattform mag für Musikanten gedient haben, deren Musik wohl dasselbe bezweckte.

D. hat auch eine Anzahl von Gräbern aus der Seldschukenzeit (kümbetler) aufzuweisen, die zwischen 1196 und 1240 zu datieren sind, sowie eine am Abhang über der Stadt gelegene Festung aus dem 13. Jh.; von ihr sind jedoch heute nur noch Ruinen erhalten.

(Tilman Lüdke)

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