Novi Sad

Novi Sad (serb., dt. hist. Neusatz an der Donau, lat. Neoplanta, ungar. Újvidék)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Hauptstadt und zweitgrößte Stadt der autonomen Provinz Vojvodina in Serbien mit 191.405 Einwohnern (2002) auf 106,2 km². Der Kreis N. S. umfasst 702,7 km² mit 306.853 (Mitte 2004). Neben den Serben (75,5 %) wird die Stadt v. a. von Ungarn (5,2 %), „Jugoslawen“ (3,2 %), Slowaken (2,4 %), Kroaten (2,1 %) und Montenegrinern (1,7 %) bewohnt. Die Industriestadt N. S. liegt in der pannonischen Ebene an der Donau, rund 75 Kilometer nördlich von der serbischen Hauptstadt Belgrad, etwa 80 m über dem Meeresspiegel.

Die mittlere Temperatur im Januar beträgt in N.S. –1,1 °C, im Juli 21,6 °C. Die jährliche Niederschlagsmenge beläuft sich auf 686 mm. Die Stadt besteht aus den Stadtteilen N. S. nördlich der Donau und Petrovaradin (latein, Vararidinum Petri, ungar. Pétervárad) südlich des Flusses.

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2 Kulturgeschichte

1237 gründete der ungarische König Bela IV. an der Stelle des heutigen N. S. das Zisterzienser-Kloster Belefons. Im 13. Jahrhundert entstand hier eine städtische Siedlung.

1526 begann die Okkupation des Gebietes durch die Osmanen. Deren Herrschaft hielt bis 1687 an. Seit diesem Jahr gehört N.S. zum Habsburgerreich. 1694 errichtete die österreichische Militärverwaltung einen Brückenkopf, der 1697 zu einer Brücke, die die Regionen Srem und Bačka miteinander verband, ausgebaut wurde. An dieser Stelle entstand am nördlichen Ufer der Donau eine neue Siedlung, die heute den ältesten Teil N. S.s bildet. Eine Quelle aus dem Jahr 1699 gibt die damalige Einwohnerzahl mit rund 1000 an, wovon der Großteil Serben gewesen sein sollen. Die Petrovaradin-Festung am gegenüber liegenden Ufer der Donau wurde 1692–1790 nach den Plänen des französischen Architekten Sébastien le Prestre Marquis de Vauban (1633–1707) errichtet. Sie war über Jahrhunderte hinweg ein wichtiges Bollwerk und Koordinationszentrum zur Verteidigung gegen die Osmanen. In Petrovaradin schlug am 5.8.1716 Prinz Eugen die Osmanen. Unter dem Schutz der Festung ließen sich seit dem 17. Jh. Handwerker und Händler nieder, schnell entwickelte sich die Siedlung zu einem wichtigen Handelszentrum und erhielt einen orthodoxen Bischofssitz.

Am 1.1.1748 rief Kaiserin Maria Theresia die Stadt als sog. Freie Kaiserstadt aus und nannte sie Neoplanta (latein.). Von 1748 bis ins späte 18. Jh. stieg die Anzahl der Bewohner und der Landbesitz nahm rasch zu. 1765 erhielt N. S. das erste orthodoxe Priesterseminar, 1810 wurde ein serbisch-orthodoxes Gymnasium eröffnet. In den 70er Jahren des 18. Jh. besaß die Stadt ihre eigene Brauerei, eine Silber- und eine Tabakfabrik. N. S. war das wirtschaftliche Zentrum Südungarns. Kennzeichnend war das damals multiethnische Gefüge der Stadtbevölkerung, die sich aus Serben, Ungarn, Deutschen, Juden, Slowaken, Ruthenen, Griechen, Armeniern und anderen Volksgruppen zusammensetzte. 1848/49 wurde N. S. durch ungarische Truppen beinahe vollständig zerstört. Von diesem Zeitpunkt an und bis 1861 war die Stadt Teil der Vojvodina und des Banats von Temes. Im 18. und frühen 19. Jh. entwickelte sich N. S. zu einem einflussreichen ökonomischen, politischen und vor allem auch kulturellen Zentrum der Serben und spielte eine entscheidende Rolle bei der Wiederbelebung der serbischen Literatur in jener Zeit. Aus diesem Grund wurde N. S. auch gerne das „Serbische Athen“ genannt. Zu dieser Zeit gab es bereits zahlreiche Zeitungen und Magazine in serbischer Sprache, 1861 wurde das Nationaltheater gegründet und 1864 wurde die serbische Kulturorganisation ›Matica Srpska‹ hierher verlegt. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Niederlage Österreich-Ungarns rückte am 8.11.1918 die serbische Armee in die Stadt ein. Die Stadtversammlung von N. S. beschloss am 25.11.1918, sich dem „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ (Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca, SHS-Staat) anzuschließen. 1936 hatte N. S. 69.000 Einwohner.

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Im Zweiten Weltkrieg wurde N. S. 1942–45 von Ungarn besetzt. Diese richteten in der Stadt ein Blutbad an, innerhalb weniger Tage starben 1500 Einwohner, hauptsächlich Serben und Juden. Einige weitere Tausend Bewohner wurden während des Krieges getötet. Am 23. Oktober 1944 befreiten Partisanen die Stadt und 1945 wurde die Festungsstadt Petrovaradin am rechten Donauufer eingemeindet. Durch Flucht und Vertreibung nahm der serbische Bevölkerungsanteil in N. S. nach dem Zweiten Weltkrieg zu.

1947 gelangte N. S. durch den Vertrag von Paris erneut zu Jugoslawien, als Hauptstadt der autonomen Region Vojvodina innerhalb Serbiens gedieh sie zu einem bedeutenden wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Zentrum. Im Jahr 1960 wurde die Universität von N. S. gegründet, sie umfasst heute 13 Fakultäten.

In den späten neunziger Jahren entwickelte sich N. S. zu einem der wichtigsten Zentren der Opposition gegen das Regime von Slobodan Milošević. 1999 wurde die Stadt im Zuge der militärischen Operationen der NATO heftig bombardiert, so dass die Grundversorgung der Bevölkerung sowie die Infrastruktur beinahe zusammenbrachen. Neben drei der vier Brücken wurden auch Verwaltungsgebäude sowie das Fernsehzentrum angegriffen, ebenso die Raffinerie sowie ein petrochemisches Kombinat, was massive Umweltschäden zur Folge hatte. Der Beginn einer neuen Ära wurde auch für N. S. mit dem Sturz von Slobodan Milošević 2000 eingeläutet. In N. S. wurde daraufhin mit umfangreichen finanziellen Hilfen seitens der EU der Wiederaufbau begonnen. 2005 wurde die für die Stadt zentrale „Freiheitsbrücke“ (Most Slobode) wiedereröffnet. Im selben Jahr konnte die Donau im Gebiet N. S. wieder für die Schifffahrt freigegeben werden. Für das heutige N.S. ist die industrielle Fertigung ein wichtiges wirtschaftliches Standbein. Die Produktpalette reicht von Stahlerzeugnissen, elektro-technischem und medizinischem Gerät, Industriewerkzeugen, Kfz-Ersatzteilen und Dünger bis hin zu Lebensmitteln, Textilien, und Möbeln. Darüber hinaus ist N. S. Transportknotenpunkt und Handelszentrum, u. a. für Agrarprodukte. Die Messe von N. S., die bereits 1931 eröffnet wurde, bietet der Wirtschaft eine wichtige Kommunikationsplattform. Jährlich finden hier etwa 25 Ausstellungen statt.

Official Site of Novi Grad (http://www.gradnovisad.org.yu/) [Stand 30.1.2007]

(Antje Helmerich)

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