Gesandtschaft, Große

Gesandtschaft, Große (russ. Velikoe posolʹstvo, 1697–98)

Als Große G. bezeichnet man die russische G. des Zaren Peters I., die am 9.3.1697 von Moskau aus mit ca. 300 Personen das schwedische Livland, das Herzogtum Kurland, das Kurfürstentum Brandenburg-Preußen, Hannover, Holland, England, das Kurfürstentum Sachsen, Wien und die polnisch-litauische Adelsrepublik besuchte.

Die persönliche Teilnahme des Zaren, der unter dem Namen Pëtr Michajlov reiste, bildete in der damaligen russischen wie auch der allgemeinen diplomatischen Praxis eine Ausnahme und wurde verheimlicht. Das Ziel der Großen G. bleibt in der Geschichtsschreibung umstritten. In der Forschung wird vermutet, dass Peter I. mit der Großen G. entweder den Bestand der Heiligen Liga von 1686 sichern wollte oder von Anfang an ein Bündnis gegen Schweden plante. Auch die Absicht des Zaren, die politische Lage sowie die neuesten technischen Errungenschaften persönlich kennen zu lernen, kann nicht als Nebenerscheinung, sondern muss als eines der Hauptziele der Großen G. gesehen werden.

Die Instruktionen für die Große G. wurden Ende des Jahres 1696 aufgestellt. Geleitet wurde sie von Admiral Franz Lefort, Fëdor A. Golovin und dem Dumasekretär Prokofij B. Voznicyn. Als erster Erfolg der G. sind die Verhandlungen in Preußen zu nennen, die u. a. die zukünftige antischwedische Nördliche Allianz zwischen Sachsen-Polen, Dänemark und Russland 1699 vorbereiteten. Peter wartete bis zur polnischen Königswahl, die für die Position der Adelsrepublik innerhalb der Heiligen Liga besonders wichtig war, und reiste danach nach Amsterdam, wo er von August 1697 bis Januar 1698 auf den Werften der „Ostindischen Kompanie“ in Zaandam arbeitete. In Holland fand das erste Treffen Peters I. mit dem niederländischen Erbstatthalter Wilhelm III. (1674–1702) von Oranien statt (September 1697), ein weiteres folgte in England, wo sich der Zar von Januar bis Mai 1698 aufhielt. Danach zog die Große G. weiter nach Dresden und Wien, wo Peter von Kaiser Leopold I. empfangen wurde (Juli 1698). Die Nachricht vom Aufstand der „Strelitzen“ zwang Peter, die Große G. zu verlassen und nach Moskau zu eilen. Auf dem Rückweg traf er in Rava-Rusʹka (ukrain., russ. Rava Russkaja) den polnischen König August II. (31.7./10.8.), seinem späteren Verbündeten im Großen Nordischen Krieg.

Sich seines Ruhmes als Sieger von Azov (1696) bewusst, konnte Peter sich im Laufe der Großen G. das Image eines aufgeklärten und volksnahen Herrschers („Zar und Zimmermann“) verschaffen. Dieses wurde von ausländischen Diplomaten und der Presse übernommen. In der Literatur der Aufklärung und Romantik fand es ebenfalls breite Rezeption (vgl. die gleichnamige Oper von Albert Lortzing, 1837).

Bogoslovskij M. M. 1941: Pëtr I. Bd. 2. Pervoe zagraničnoe putešestvie. Moskva. Wittram R. 1964: Peter I. Czar und Kaiser. Zur Geschichte Peters d. Gr. in seiner Zeit. Bd. I. Göttingen. Levinson-Lessing V. F. 1977: Pervoe putešestvie Petra za granicu. Kultura i iskusstvo petrovskogo vremeni. Leningrad, 5–36.

(Aleksandr Lavrov)

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