Elbasan

Elbasan (alban. indet., alban det. Elbasani)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

E. ist eine Stadt in Mittelalbanien am Fluss Shkumbi gelegen, wo auch die antike Handelsstraße ›Via Egnatia‹ verlief. Mit 87.797 Einwohnern (2001) ist sie die drittgrößte Stadt in Albanien. Zugleich ist E. der Hauptort der gleichnamigen Präfektur (Qarku i Elbasanit) mit 353.825 Einwohnern (2004) und 3199 km² sowie des Kreises (Rrethi i Elbasanit) mit geschätzten 224.974 Einwohner (2001) und 1290 km². Die Stadt liegt an der Grenze der beiden Hauptdialekte des Albanischen (http://www.uni-klu.ac.at/eeo/Albanisch.pdf), dem Gegischen nördlich von E. sowie dem Toskischen südlich von E. in einer geschützten Ebene am Rand des inneralbanischen Berglandes. Unter mediterranem Einfluss werden in der Umgebung von E. reichlich Obst, Gemüse, Oliven und Tabak angebaut. In E. herrscht große Arbeitslosigkeit, da das einstige große metallurgische Werk seit 1991 verfiel und es ansonst nur eine kleine Baustoff- und Nahrungsmittelindustrie sowie eine Zigarettenfabrik gibt.

Anfang

2 Kulturgeschichte

Die Stadt befindet sich an der Stelle des um 160 zum ersten Mal in einer Grabinschrift genannten Ortes Scampa, wo die Römer im 4. Jh. ein Castrum für eine Legion gründeten, dessen Mauern z. T. heute noch erhalten sind. Bis heute bestimmt diese Festung das Stadtbild. Scampa wurde bereits im 5. Jh. Bischofssitz. Innerhalb der Festung wurden Reste von Kirchen gefunden, außerhalb der Festung wurden die Grundmauern einer Basilika freigelegt sowie weitere architektonische Fragmente entdeckt. 478 wurde der Ort von den Ostgoten zerstört. Unter Kaiser Justinian (527–65) wurde Scampa aufgrund seiner strategischen Bedeutung wieder errichtet, Ende des 6. Jh. möglicherweise im Zusammenhang mit dem Slaweneinfall jedoch erneut zerstört. Danach blieb der Ort verlassen, bis Sultan Meḥmed II.1466 dort eine Festung zur Stationierung einer Garnison errichten ließ, die den Namen E. (von il-basan „die Zwingburg“) erhielt und als bedeutendste osmanische Operationsbasis gegen Albanien diente. Seit dem späten 15. Jh. verzeichnete E. einen starken wirtschaftlichen Aufschwung und entwickelte sich im 16. Jh. zu einem wichtigen Marktort mit umfangreicher handwerklicher Produktion. 1823 schlugen die Osmanen in E. einen Aufstand nieder, in dessen Folge die Festungsmauern teilweise niedergerissen wurden und daraufhin verfielen. Die Baudenkmäler der Stadt stammen alle aus der osmanischen Periode: Die Festung – zwar auf antiken Grundlagen, die Sultansmoschee (Xhamia e Mbretit, 1492), eine weitere Moschee (Xhamia e Nazireshės, 1599), ein türkisches Bad, das bereits 1672 von dem osmanischen Reisenden Evliya Çelebi beschrieben wird und möglicherweise aus dem Ende des 16. Jh. stammt, sowie die Marienkirche aus dem 19. Jh. mit einer holzgeschnitzten Ikonostase.

Kulturell spielte E. eine wichtige Rolle. Der weit über Albaniens Grenzen hinaus bekannte Maler Onufri (16. Jh.) sowie Todhri Haxhifilipi (ca. 1730–1805), ein Vorkämpfer der albanischen Schriftsprache, stammten aus E. Die Stadt spielte v. a. in der albanischen Nationalbewegung eine bedeutende Rolle. Nach der jungtürkischen Revolution 1908/09 begann bei den Albanern eine neue Aktivität auf dem Gebiet des Bildungssektors. In wichtigen albanischen Städten – so auch in E. – entstanden albanische Klubs und Kulturvereinigungen, die auch maßgeblich an der Herausgabe albanischsprachiger Zeitungen beteiligt waren. In E. wurde die Zeitung ›Tomorri‹ herausgegeben. Vom 2. bis 8.9.1909 fand hier ein Kongress statt, an dem 35 Delegierte aus Mittel- und Südalbanien teilnahmen. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand wie bereits häufige andere Male die Schul- und Sprachenfrage, da die Albaner zu diesem Zeitpunkt kein einheitliches Alphabet besaßen, sondern das griechische und das lateinische Alphabet, Letzteres mit einigen Sonderzeichen für die besonderen albanischen Laute, benützt wurde. Seit dem 18. Jh. verwandten die albanischen Muslime auch das arabische Alphabet. Hinzu kamen etliche Sonderalphabete, die etwa auf dem kyrillischen Alphabet beruhten. Der Kongress beschloss, alle albanischen Schriftsteller und Journalisten aufzufordern, sich künftig nur noch des Dialektes von E. zu bedienen, da er eine Zwischenstellung zwischen den Gegischen und dem Toskischen einnähme, sowohl für Gegen als auch für Tosken verständlich sei und somit als Grundlage für eine einheitliche albanische Literatursprache dienen könne. Des Weiteren wurde die Eröffnung einer sechsklassigen Lehrerbildungsanstalt (Shkolla normale shqipe) beschlossen. Außerdem entschied der Kongress von E., die Arbeit aller albanischen Vereinigungen zu koordinieren, deren Organisation zunächst der „Klub von Monastir“(Klub i Monastirit) übernehmen sollte.

Der Kongress von E. gab dem albanischen Schulwesen neuen Auftrieb, sogar im konservativeren Kosovo wurden albanischsprachige Schulen eröffnet. Wichtig war dieser auch deshalb, weil hier erstmals der Versuch unternommen wurde, von Mittelalbanien aus national-albanische Interessen zu vertreten und zu wahren. Eine wichtige aus E. stammende Persönlichkeit war Konstandin Kristoforidhi (1827–95), der als Sprachforscher und Übersetzer entscheidend zur Herausbildung einer albanischen Literatursprache beitrug. In kommunistischer Zeit spielte E. als industrielles Zentrum v. a. wirtschaftlich eine bedeutende Rolle. Heute spielt E. keine übergeordnete Rolle in Albanien mehr. Bedauernswert ist die – im Gegensatz zu den kommunistischen Zeiten – seit 1992 andauernde Vernachlässigung historischer Baudenkmäler wie etwa der ›Via Egnatia‹, die von Unkraut überwuchert, unter die Erdoberfläche einzusinken droht.

Babinger F. 1931: Die Gründung von E. Mitteilungen des Seminars für Orientalische Sprachen 34, 2. Abt.: Westasiatische Studien (1931), 94–103. Buda A., Lloshi X. (Hg.) 1985: Fjalor Enciklopedik Shqiptar. Tirana, 232–234. Bartl P. 1995: Albanien. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Regensburg, 114–118, 120–121.

(Eva Anne Frantz)

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