Kállay de Nágykalló, Béni
Kállay de Nágykalló, Béni, * 22.12.1839 in Budapest, † 13.07.1903 in Bécs, ungarischer Politiker.
Der 1839 geborene K. stammte väterlicherseits aus einer alten ungarischen, mütterlicherseits aus einer ursprünglich serbischen, jedoch bereits magyarisierten Familie. In Budapest studierte K. Wirtschaftswissenschaften, schon in jungen Jahren zeigte er Interesse für Politik und hier besonders für die Orientalische Frage. Er bereiste Russland, die europäische Türkei und Kleinasien, wobei er sich u. a. Kenntnisse des Griechischen und Türkischen aneignete, während ihm durch die Familientradition seiner Mutter das Serbische nahegebracht worden war.
Schon früh bewegte sich K. in den Kreisen um den späteren ungarischen Ministerpräsidenten und k. u. k. Außenminister Andrássy, auf dessen Vorschlag hin er – der seit 1867 als konservativer Abgeordneter im ungarischen Reichstag vertreten war – 1868 zum Generalkonsul in Belgrad berufen wurde. 1875 kehrte K. wieder nach Ungarn zurück, wo er sich seiner Politkarriere widmete und das Journal ›Kelet Népe‹ („Volk des Ostens“) gründete.
Nach dem Berliner Kongress wurde K. zum Mitglied der neu eingerichteten Ostrumelien-Kommission ernannt, 1879 als Sektionschef ins Außenministerium nach Wien berufen. 1882 erfolgte die Ernennung K.s zum gemeinsamen österreichisch-ungarischen Finanzminister, was auch die Berufung auf die Position des obersten Verwalters Bosniens und der Herzegowina bedeutete – eine Rolle, in der sich K. eine nicht geringe Popularität in den betroffenen Gebieten erwarb. Der seit 1873 mit Komtess Vilma Bethlen verheiratete K. blieb bis 1903 Reichsfinanzminister, er tat sich als Hauptarchitekt der k. u. k. Religions- und Nationalitätenpolitik im Südosten des Reiches, aber auch als Autor historischer Abhandlungen v. a. zur Geschichte des Balkans hervor.
Čuvalo A. 1997: Historical Dictionary of Bosnia and Hercegovina. Lanham, Md. Vrankić P. 1998: Religion und Politik in Bosnien und der Herzegowina (1878–1918). München.