Chmilʹnyk
Chmilʹnyk (ukrain., russ. Chmelʹnik, poln. hist. Chmielnik)
Die ukrainische Kreisstadt Ch. liegt in der Hochebene von Podolien nordwestlich der Bezirkshauptstadt Vinnycja am Südlichen Bug. Ch. zählt 26.388 Einwohner (2007) und umfasst ein Gebiet von 15 km².
Ch., eine der ältesten Städte Podoliens, gehörte seit der Vertreibung der letzten tatarischen Statthalter 1362 (erster Beleg) zu Litauen. Ch. lag im Herrschaftsbereich der Familie Koriatovič, einer Nebenlinie der litauischen Dynastie, die seit 1366 im Lehnverhältnis zu Polen (zeitweise zu Ungarn) stand. Nach der Unterwerfung der Nebenlinie 1394 und der Aufteilung von Podolien zwischen Polen und Litauen 1395 wurde Ch. ein polnisches Lehen.
Seit 1434 in der polnischen Woiwodschaft Podolien gelegen, fungierte Ch. als ein Burgbezirk (›districtus‹) und später mit Unterbrechungen als Starostei. 1448 erhielt Ch. das Magdeburger Stadtrecht. Seit dem 16. Jh. war es fester Sitz einer Starostei. 1534–36 erhielt Ch. eine neue Burg, Wehrmauer, Wälle und Graben. Das Schicksal Ch.s war eng mit jenem Podoliens verknüpft und so wurde die Stadt z. B. 1500 und 1558 von Tataren zerstört. Von Ch. aus leitete der Starost Przecław Lanckoroński (†1531) die Feldzüge seiner Kosaken gegen die Tataren.
Laut Steuerregister von 1629 zählte Ch. 539 Häuser, davon 46 „gehorsame“, d. h. Steuern zahlende und 30 Häuser im jüdischen Besitz. In der fragmentarischen, die Jahre 1636–50 umfassenden Überlieferung eines anonymen Chronisten – offenbar ein orthodoxer Bürger von Ch. – finden sich Schilderungen religiöser Konflikte in der Stadt. Die Kosaken- und Hajdamakenaufstände im 17. und 18. Jh. (1648–55; 1734–35) setzten Ch. stark zu. Zeitweise befand sich Ch. unter der Kontrolle der Aufständischen. Mit der Eroberung Podoliens geriet auch Ch. unter osmanische Herrschaft (1672–84). Die Bevölkerungszahl sank infolge von Fluchtbewegungen auf einige Hundert Einwohner. 1767–68 eroberten russische Truppen Ch. Rzeczpospolita schenkte 1774 Ch. Stanisław II. August Poniatowski. Nach der zweiten Teilung Polens 1793 fiel Ch. Russland zu, 1797–1804 Kreisstadt, seit 1804 hatte es den Status einer Stadt im Gouvernement Podolien, danach folgte der Verlust der Stadtrechte. Im 19. Jh. erhielt Ch. einen Eisenbahnanschluss.
Nach den Kämpfen 1918–20 wurde Ch. am 20.06.1920 von der Roten Armee eingenommen. Die seit Juni 1941 bestehende deutsche Besatzung endete im März 1944 nach der Einkesselung von 20 Wehrmachtsdivisionen in Podolien. 1957 erneut zur Stadt erhoben, zählte Ch. 1970 18.400 und 1990 30.000 Einwohner.
Ch. ist heute ein Städtchen von regionaler Bedeutung mit Kleinindustrie (Textil- und Holzindustrie) sowie ein bekannter Kurort mit Heilquellen. Zu den Sehenswürdigkeiten zählen die Festungsruine aus dem 17. Jh. und der Palast von 1911–15 mit einer Bastei von 1534.
Janas E. 1998: Urzędnicy podolscy XIV-XVIII wieku. Kórnik, 7–28. Levitskii O. 1878: Opyt issledovanja o letopisi Samovvdca: Lʹtopisʹ Samovydca po novootkrytym spiskam. Kyiv, 77-81. Lustrationen der Wojewodschaften Kiew, Bracław, Podolien 1629–1632, Archiv der Region Małopolska, Kraków, Archiwum Sanguszków Sig. 64/92, 217. Sulimierskiego F., Chlebowskiego B., Krzywickiego J., Walewskiego W. (Hg.)1986: Słownik geograficzny Królestwa Polskiego i innych krajów słowiańskich 1880–1902 1. Warszawa, 589.