Kelten

Kelten

Der Begriff K. erfasst nicht ein im eigentlichen Sinne einheitlich organisiertes Volk, sondern unterschiedliche Stämme, deren vorrangig gemeinsames Merkmal ihre Sprache war. Weitere Verwandtschaft war durch ähnliche kulturelle Wurzeln sowie durch einen vergleichbaren Grad sozialer Differenzierungen gegeben. Da keine schriftliche Hinterlassenschaft der K. existiert, ist man für die Frühzeit der keltischen Geschichte allein auf den archäologischen Befund und für die spätere Zeit auf die Berichte der antiken römischen und griechischen Autoren angewiesen.

Entwicklungsgeschichtlich fällt die Epoche der K. in die Eisenzeit und wird hauptsächlich in 2 Kulturstufen , die Hallstatt- und die LaTène-Zeit unterteilt. Woher die K. der Hallstattzeit (ca. 750 - 500 v. Chr.) kamen, ist ungeklärt. Möglicherweise entwickelten sie sich aus Stämmen der
Kelten
Urnenfelderzeit. Im 8. Jh. v. Chr. sind K. in Gebieten am Oberrhein und der unteren Donau nachweisbar. Für das 6. und 5. Jh. v. Chr. berichten vereinzelte Nachrichten griechischer Autoren von ihrer Anwesenheit im Gebiet nordwestlich der Alpen. Erstmals in das Gesichtsfeld der mediterranen Welt rückten die K. ihrerseits durch handelspolitische Erkundungen des Südens. Tatsächlich liefen die ältesten Nachrichten über die K. in Marseille zusammen. Zum ersten Mal erscheinen die K. in der Erdbeschreibung des Hekataios von Milet (um 500 v. Chr.), Größe und Grenzen des von den K. bewohnten Gebietes bleiben jedoch im Dunkeln. Als K. wurden hier wohl die Völkerschaften bezeichnet, deren Gebiete nördlich des Zusammenflusses von Saone und Rhone gelegen haben. Dieser Raum entspricht der Westflanke des mitteleuropäischen Hallstattkreises.

Geprägt ist diese Zeit durch Wohlstand, der sich selbst an einfachen Gräbern durch Bronzebeigaben nachweisen lässt. Durch den Zwischenhandel mit im Mittelmeerraum begehrten Produkten wie Bernstein und Zinn erreichten die K. einen Wohlstand, der auf den Import zurückwirkte und eine wirtschaftlich-soziale Differenzierung der Gesellschaft forcierte. Es entstand eine neue Oberschicht, die durch Burgen, die sich offenbar zu Herrensitzen entwickelt hatten sowie reich ausgestattete, von den übrigen räumlich abgetrennte Gräber archäologisch nachzuweisen ist. Auf politischer Ebene ist charakteristisch, dass keine dauerhaften Einheiten oberhalb der Stammesebene zustande kamen. Keltische Stämme handelten nur zur Durchsetzung eigener Expansionsbestrebungen oder zur Abwehr von Feinden gemeinsam. Dies geschah z. B. gegen Ende ihrer Geschichte auf dem europäischen Festland, als sich die zerstrittenen Stämme gegen die Legionen Caesars verbündeten.

Die LaTène-Kultur erfasst etwa die Zeit vom 5. - 1. Jh. v. Chr. und damit die Zeit der Ausdehnung, Blüte und des Zerfalls der keltischen Kultur. Ab ca. 300 v. Chr. ist eine zunehmende Wanderbewegung keltischer Stämme zu verzeichnen, die vermutlich auf eine zunehmende Bevölkerungsdichte in den Kernterritorien zurückzuführen und als Suche nach neuen Siedlungsgebieten zu interpretieren ist. Dabei besetzten die K. zeitweise Mittel- und Südeuropa von der iberischen Halbinsel, über Frankreich, die britischen Inseln, das nördliche Alpen- und Alpenvorland, zum Teil auch Italien und drangen die Donau abwärts bis in das Gebiet der heutigen Türkei vor. Um 385 v. Chr. standen die K. unter ihrem Anführer Brennus in Rom, 279 v. Chr. plünderten sie Delphi, ab 250 v. Chr. besiedelten sie die Region der Ostalpen (Noricum).

Es kam zu einem rasanten Aufschwung der materiellen und geistigen Kultur. Gemeinsamkeiten für einen größeren einheitlichen Kulturkreis zeichnen sich ab. Um 200 v. Chr. beginnt die Zeit der Viereckschanzen und der großen ›oppida‹ (= Städte). Im 1. Jh. v. Chr. erstreckte sich von der französischen Kanalküste bis in das Pannonische Becken ein Netz sich ähnelnder Siedlungen. Ab 120 v. Chr. jedoch begann mit der Provinzialisierung Südgalliens die Einverleibung der Keltengebiete in das Römische Reich. Sehr schnell und ohne nennenswerten Widerstand ging die keltische Kultur auf dem Festland im Wirtschafts- und Sozialgefüge der römischen Provinzen ein auf. Im Jahre 40 endete die Keltenzeit mit der römischen Besetzung des Südufers der Donau. Im Mittelalter jedoch treten keltische Kulturelemente und Sprache v. a. bei den Bewohnern der Bretagne, Irlands und Britanniens wieder auf, wobei eine kulturelle Kontinuität von der späten Bronzezeit bis ins Mittelalter nicht beweisbar ist.

Demandt A. 1998: Die Kelten. München.

(Beatrix Günnewig)

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