Hrvatsko vijeće obrane
Hrvatsko vijeće obrane (kroat., HVO, „Kroatischer Verteidigungsrat“)
Der im Januar 1992 gegründete HVO war während des Krieges 1992–95 die Armee der Kroaten in Bosnien-Herzegowina. Die politischen Repräsentanten der Kroaten in Bosnien-Herzegowina begründeten den Aufbau einer eigenen Armee, die während des Krieges eine Gesamtstärke von bis zu 50.000 Soldaten hatte, mit der „Passivität“ der Bosniaken, welche der „militärischen Aggression“ der Serben zuwenig Widerstand entgegensetzen würden. Von vielen Bosniaken wurde der HVO von Beginn an als ein Element der großkroatischen Politik des damaligen Staatspräsidenten von Kroatien, Franjo Tuđman, begriffen. Der in diesem Zusammenhang geäußerte Vorwurf lautete, dass der HVO nicht für die Einheit von Bosnien-Herzegowina kämpfen würde, sondern ein Instrument für den Anschluss der mehrheitlich von Kroaten besiedelten Gebiete an Kroatien wäre. Das Misstrauen zwischen den beiden Seiten mündete zwischen 1993 und 1994 in einen offenen militärischen Konflikt, von dem v. a. die Armee der bosnischen Serben profitierte, die in dieser Kriegsphase bis zu 70 % des Territoriums von Bosnien-Herzegowina unter ihre Kontrolle brachte.
Gegen Ende des Krieges wurde die militärische Allianz zwischen dem HVO und der von Bosniaken dominierten Armee von Bosnien-Herzegowina (Armija Bosne i Hercegovine, ABiH) erneuert. Dies führte gemeinsam mit den militärischen Erfolgen der Armee Kroatiens (Hrvatska vojska, HV) gegen die bewaffneten Kräfte der Serben in Krajina im Sommer 1995 zu einer Umkehr der militärischen Kräfteverhältnisse im kroatisch-bosnischen Kampfgebiet. Die in die Defensive gedrängte Armee der Serben in Bosnien-Herzegowina musste einem Waffenstillstand zustimmen, der im November 1995 in das Abkommen von Dayton mündete.
Nach Kriegsende übten die USA Druck auf Kroaten und Bosniaken aus, den HVO und die ABiH zu einer gemeinsamen Armee der bosniakisch-kroatischen Entität zu vereinen. Im Januar 1997 wurde ein entsprechendes Abkommen über die Gründung der Föderationsarmee (kroat. Vojska Federacije Bosne i Hercegovine, VFBiH) unterzeichnet. Bis zum Ende der Ära Tuđman blieb die kroatische Komponente der VFBiH jedoch unter starkem Einfluss der kroatischen Regierung. Dies änderte sich mit dem Machtwechsel in Zagreb, der im Jahr 2000 stattfand. Die sozialdemokratische Regierung unter Ministerpräsident Ivica Račan stellte die finanzielle Unterstützung für den HVO ein.
Gustenau G., Jureković P. 1997/98: Bosnien-Herzegowina. Gießmann H.-J. (Hg.): Handbuch Sicherheit 1997. Militär und Sicherheit in Mitteleuropa im Spiegel der NATO-Erweiterung. Daten – Fakten – Analysen. Baden-Baden, 73–99. Jedlaucnik H. 2001: Bosnia and Herzegovina. Giessmann H.-J., Gustenau E. G. (Hg.): Security Handbook 2001. Security and Military in Central and Eastern Europe. Baden-Baden, 135–155.