Helmold von Bosau
Helmold von Bosau; * um 1120 im Raum Goslar † nach 1177 Bosau, Geistlicher und Verfasser einer Slawenchronik.
1134 kam H. nach Segeberg in das dortige Augustiner-Chorherrenstift, dessen Konvent nach dem Angriff des Obotritenfürsten Pribislav nach Neumünster zurückverlegt wurde. Im Zuge seiner weiteren Ausbildung dürfte er auch in Braunschweig gewesen sein. Nachdem er ca. 1150 als Diakon nach Neumünster zurückgekehrt war, war er seit 1156 Pfarrer in Bosau am Plöner See. Etwa 1167 verfasste er die ›Chronica Slavorum‹. Anlass dieses aus zwei Büchern bestehenden Werkes war ihm die Parteinahme des Bischofs von Oldenburg und Lübeck gegen Heinrich den Löwen. Gewidmet war die Schrift dem Lübecker Domkapitel. Im Mittelpunkt der prosächsisch und deutlich antibremisch verfassten Schrift steht die Regionalgeschichte Ostholsteins. Mecklenburg, Brandenburg, Pommern und Skandinavien werden ebenfalls behandet, während die Reichsgeschichte nur dort Beachtung findet, wo sie zur Missionsgeschichte in Beziehung steht. Inhaltlich setzt die Chronik mit der Zeit Karls d. Großen (800 n. Chr.) ein und ist als Bekehrungsgeschichte zu verstehen, die Herrschaftsbildung, Siedlung, Mission und Christianisierung in der Region Ostholstein, Mecklenburg und Wagrien berücksichtigt. H.s Berichte über die Schwierigkeit bei der Mission und den Anfängen der ostdeutschen Besiedlung gelten dabei als recht zuverlässig.
Wenngleich H., bedingt durch seine örtliche Abgeschiedenheit in Bosau, nur einen begrenzten Quellenfundus zur Verfügung hatte, so gilt seine Chronik heute doch als bedeutendste niederdeutsche Schriftquelle des 12. Jh., die auch für die Reichsgeschichte und für die Herrschaft Heinrichs des Löwen in Sachsen zahlreiche sonst nicht überlieferte Fakten bietet. Neben mündlicher Überlieferung und eigener Erfahrung sind als Vorlagen für seine Chronik vorrangig die Viten Willehads und Ansgars von Bremen sowie das Werk Adams von Bremen zu nennen. Rezipiert wurde H. u. a. durch Albert von Stade und Arnold von Lübeck, der das Werk H.s weiterführte.
Ehbrecht W. 1989: Helmold von Bosau. Angermann N. (Hg.): Lexikon des Mittelalters 4. München, 2124–2125.