Voronež (Stadt)
Voronež (russ.)
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1 Geographie
V. ist die Hauptstadt des gleichnamigen Gebiets in der Russischen Föderation. Die Stadt liegt am Fluss V., 122 m ü. d. M. und 587 km südöstlich von Moskau. V. hat 846.349 Einwohner (2005). Die mittlere Temperatur beträgt im Januar –9,2 °C, im Juli 19,5 °C. Die jährliche Niederschlagsmenge beläuft sich auf 574 mm.
V. ist die größte Stadt in der russischen Schwarzerderegion, der Kornkammer Russlands, und eines der bedeutendsten Industriezentren Russlands mit sehr guter Anbindung an das nationale Verkehrsnetz (Autobahn, Schiene, Flughafen). Zu den wichtigsten Industriezweigen zählen der Maschinenbau. Gebaut werden hier u. a. die in Osteuropa noch weit verbreiteten Verkehrsflugzeugtypen ›Iljušin Il-86‹ und ›Il-96‹. Auch Raketenantriebe, Fahrzeugreifen und landwirtschaftliche Geräte werden im großen Stil produziert. Bedeutende Industriezweige sind darüber hinaus die chemische Industrie (Erdölverarbeitung, Pharmazie) sowie die Leicht- und Nahrungsmittelindustrie.
V. hat eine Universität, eine medizinische Akademie, zahlreiche Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie mehrere Theater und drei Museen. V. ist Bischofssitz der russisch-orthodoxen Kirche.
2 Kulturgeschichte
V. wurde 1585/86 als hölzerne Festungssiedlung am Fluss V., 12 km vor dessen Mündung in den Don, gegründet und nach diesem benannt. Im 17. Jh. galt die Stadt als größtes Handelszentrum im russischen Schwarzerdegebiet. Ab 1696 wurden hier auf Geheiß Peters I. Anlagen zur Errichtung der ersten russischen Flotte gebaut, die über den Fluss V. und den Don ins Asowsche bzw. Schwarze Meer gelangte. Neben der Werft siedelten sich eine Gießerei, eine Seilerei und eine Tuchfabrik an. Ende des 17. Jh. zählte V. zu den wichtigsten Städten Russlands und übte zeitweise sogar Hauptstadtfunktionen aus, da Zar Peter häufig in der Stadt weilte, um beim Flottenbau mitzuwirken. Einige diplomatische Vertreter europäischer Staaten ließen sich in V. nieder und wie in Moskau gab es auch in V. eine deutsche Vorstadt.
Mit dem Sieg über die Schweden und der Gründung von St. Petersburg zu Beginn des 18. Jh. verlor V. sukzessive an Bedeutung und fungierte ab 1711 v. a. als Gouvernementzentrum (bis 1825 des Gouvernements Azov, seit 1825 des Gouvernements V.). Im 19. Jh. entwickelten sich insbesondere die Agroindustrie und der Handel von Nahrungsmitteln, wie Brotwaren, Vieh, Salz und Wolle. Mit der Fertigstellung der Eisenbahnverbindung nach Moskau (1868) und Rostow am Don (1871) beschleunigte sich das Wachstum der Stadt erneut. 1897 hatte V. 81.000 Einwohner und zählte zu den zehn größten Städten Russlands (1925: 116.600, 1938: 326.900, 1958: 447.164, 1978: 782.950, 1988: 886.844 Einwohner).
Während des Zweiten Weltkrieges wurde V. 212 Tage lang von der deutschen Wehrmacht besetzt gehalten und stark zerstört. Seit 1934 ist V. das Verwaltungszentrum des gleichnamigen Gebiets, in der Sowjetunion galt V. zudem als Hauptstadt des Zentralen Schwarzerdegebiets.
Seit Beginn der politischen und wirtschaftlichen Transformationen Anfang der 1990er Jahre hat V. seine Rolle als größtes industrielles Zentrum in der Schwarzerderegion an den Metallurgiestandort Lipeck abgetreten. Die Emissionen der zahlreichen Industriebetriebe führten insbesondere zu sowjetischen Zeiten zu einer starken Umweltverschmutzung.
Die Stadt ist reich an einzigartigen Architekturdenkmälern des 17.–19. Jh., dazu zählen z. B. der Glockenturm des Akatov-Frauenklosters (Aleksievo-Akatov ženskij monastyrʹ, 1620), die „Mariä-Himmelfahrts-Kirche“ (Uspenskaja cerkovʹ, 1694–1702), die „Nikolaj-Kirche“ (Nikolʹskaja cerkovʹ, 1720), das Arsenal (1696) sowie das im Barockstil errichtete V.er Schloss (18. Jh.). Aus V. stammt der russische Schriftsteller und Nobelpreisträger Ivan Bunin (1870–1953).
voronezh (http://www.voronezh.net/) [Stand 14.3.2006].