Novi Pazar
Novi Pazar (serb., osman.-türk. Yeni-Pazar)
Die in der Mitte des kleinen fruchtbaren Beckens (Novopazarskog polja) am Fluss Raška auf einer Höhe von ca. 500 m ü. d. M. gelegene Stadt ist mit ca. 54.606 Einwohnern (2002, davon 75,4 % Muslime, 21,4 % Serben) das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum einer vorwiegend von Muslimen bewohnten südserbischen Region (Sandžak), die sich historisch bis in den Osten Montenegros erstreckte.
Nahe der heutigen Stadt befand sich in römischer Zeit der Wachposten Arsa und vom 10. bis zum 12. Jh. die Grenzfestung Rasa, die ca. sieben Kilometer südwestlich vom heutigen N. P. lag und in Quellen aus dem 14. und 15. Jh. auch oft als Trgovište („Markt“) bezeichnet wird.
Infolge der Expansion des Osmanischen Reiches im 15. Jh. in Richtung Norden wurde zwischen 1459 und 1461, die Stadt Yeni Pazar (dt. Neuer Markt, serb. Novo Trgovište, im Gegensatz zum bereits bestehenden Trgovište) gegründet. Die Stadt lag an der Kreuzung wichtiger Handelswege, von Dubrovnik an der Adria über Niš bis nach Istanbul, und von Pest über Belgrad bis Saloniki an der Ägäis. Vermutlich bestand aber schon vor der osmanischen Eroberung an dieser Stelle eine Ansiedlung mit einer Kirche und Marktrecht. Jedoch gilt der osmanische Feldherr Isa-beg Ishaković als Gründer der Stadt. Die Prosperität N. P.s aufgrund seiner ökonomisch günstigen Lage hatte zugleich den wirtschaftlichen Niedergang von Ras zur Folge. 1463 wurde das Gebiet um N. P. Teil des Sandžak Bosna („Bosnien“). Im Zuge weiterer Eroberungen wurde kurz darauf mit dem Bau einer Festung über der Stadt begonnen.
Das Handelszentrum N. P. mit seiner Karawanserei, im 16. Jh. Ragusaner Handelskolonie, erhielt v. a. seit dem 17. Jh. seine orientalische Prägung, u. a. durch 23 Moscheen und zwei Derwischklöster. Nach wie vor waren in der Stadt aber auch sieben Klöster anderer Konfessionen beheimatet, auch ein römisch-katholisches. Aus einem Reisebericht aus der ersten Hälfte des 17. Jh. geht hervor, dass N. P. damals etwa 3000 Häuser und über 1000 Geschäfte umfasste. Die Bevölkerung der Stadt bestand aus Osmanen, orthodoxen Serben und zugezogenen Kolonisten (v. a. Albaner). Seinen Höhepunkt der städtischen Entwicklung erreichte N. P. als eisenverarbeitendes Zentrum in der ersten Hälfte des 17. Jh.
Als Folge der habsburgischen Vorstöße 1689/90 und 1737 wurde 1790 ein eigenes Verwaltungsgebiet (Novopazarski Sandžak), als Keil zwischen Montenegro und Serbien gedacht, eingerichtet. Während des serbischen Aufstands 1804–13 wurde N. P. mehrmals von den Aufständischen erobert, das Gebiet gehörte jedoch auch nach Gründung des serbischen Fürstentums weiterhin dem Osmanischen Reich an. Gegen Ende des 19. Jh. war die Stadt in ihrer Bedeutung aufgrund der weiten Entfernung von modernen Verkehrs- und Kommunikationsmitteln wie z. B. der Eisenbahn endgültig marginalisiert.
Im ersten Balkankrieg eroberte die serbische Armee schließlich am 23.10.1912 N. P. und veranlasste somit die osmanischen Truppen sowie einen Großteil der türkischen Bevölkerung der Stadt und des Gebietes zur Flucht. V. a. aus der Landschaft Raška und aus Bosnien zogen nunmehr neue Siedler zu. Gemäß dem Londoner Frieden vom 30.5.1913 wurde der Sandschak zwischen Serbien und Montenegro aufgeteilt, die Stadt N. P. verblieb demnach bei Serbien.
Im ersten Weltkrieg wurde N. P. am 19.11.1915 von Österreich-Ungarn besetzt, am 23.10.1918 gelang serbischen Truppen die Rückeroberung, N. P. gehörte hierauf dem „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ (serbokroat. Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca, SHS) bzw. ab 1929 dem „Königreich Jugoslawien“ (serb. Kraljevina Jugoslavija) an. Im Zweiten Weltkrieg war die Stadt vom 16.4.1941 bis 28.11.1944 von der Deutschen Wehrmacht besetzt.
Auch wenn nach dem Krieg viele neue Gebäude gemäß moderner jugoslawischer Architektur errichtet wurden, hat die Altstadt von N. P. mit ihren Kirchen, Moscheen (Altum-Alem, 16. Jh.), mit Festung (15. Jh.), Karawanserei (Amir-agin han 17. Jh.) und Hamam (türkisches Bad, 15. Jh.) ihren orientalischen Charakter bewahrt. Seit dem Zerfall Jugoslawiens hat sich v. a. die Schuh- und Textilindustrie mit einem Großteil der Beschäftigten in der Stadt etabliert, deren Produktion vorrangig auf Jeansimitationen aus aller Welt ausgerichtet ist.
Am 31.5.1999 wurde ein Wohnviertel N. P.s durch einen NATO-Luftangriff schwer zerstört.
Janićijević J. (Hg.) 2002: Kulturna riznica Srbije. Beograd. http://www.novipazar.org.yu/about.htm [Stand 28.11.2005].