Oral
Oral (kasach., russ. Uralʹsk).
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1 Geographie
O. ist Verwaltungszentrum des Gebietes Westkasachstan in Kasachstan. Die Stadt liegt 35 m ü. d. M. am rechten Ufer des Ural an der Mündung des Flusses Šagan (russ. Čagan) im Norden der Kaspischen Senke. O. hat eine Fläche von 700 km². Die Einwohnerzahl beträgt 227.405 (2004), unter den ca. 100 vertretenen Nationalitäten stellen die Russen mit 54 % und die Kasachen mit 34 % die größten Gruppen dar.
Das Klima ist kontinental geprägt, die mittleren Temperaturen betragen im Januar 12,9 °C und im Juli 22,5 °C. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge beträgt 322 mm pro Jahr. O. verfügt über einen Fluss- und einen Flughafen und seit 1895 über eine Eisenbahnverbindung nach Rjazanʹ. Wirtschaftliche Bedeutung haben Metallverarbeitung (u. a. Zulieferung für die Automobilindustrie), Erdgasförderung, Leicht- und Lebensmittelindustrie. Bemerkenswert ist die Süßholzverarbeitung.
Neben der „Westkasachischen Staatlichen Universität Maķambet Ötemisov“ (russ. Zapadno-kasachstanskij gosudarstvennyj universitet im. M. Utemisova) und der „Westkasachischen Agrartechnischen Universität Žangir-Chan“ (russ. Zapadno-kasachstanskij agrarno-techničeskij universitet im. Žangir-Chana) gibt es auch bspw. eine Filiale der Technischen Universität Saratov.
2 Kulturgeschichte
O. geht auf eine 1584 bzw. 1613 oder 1622 errichtete kosakische Festungssiedlung am Fluss Jaik zurück (›Jaickij gorodok‹). Diese war während des Bauernaufstandes 1667–68 Winterquartier der Truppen Stepan Razins. Nach der Niederschlagung des Bauernaufstandes 1773–75, an dem die Jaik-Kosaken maßgeblich beteiligt waren, verfügte Katharina II. die Umbenennung des Flusses in ›Ural‹ und der Siedlung in Uralʹsk. An den Anführer des Aufstandes, Emelʹjan Pugačëv erinnert in O. ein Museum. Auch später kam es wiederholt zu Unruhen, so unter dem Anführer Srym Datov.
O. gehörte zunächst zum Gouvernement Astrachan, seit 1868 war die Stadt Zentrum des „Uraler Gebietes“ (russ. Uralʹskaja oblastʹ). Bevor sich O. im 19. Jh. zum Handelszentrum, v. a. als Getreideumschlagplatz, und Industriestandort entwickelte, lebten die Einwohner vornehmlich von Fischfang, Viehzucht und Landwirtschaft.
Im Zuge des Aufschwungs im 19. Jh. entstanden Häuser aus Ziegeln, die teilweise bis heute erhalten sind. Meister der kasachischen Folkloremusik dieser Zeit stammen aus der Umgebung von O., so die Komponisten Däuletkerej (1814/20–87) und Ķūrmanģazy (1806/23–79/96) und die Dombra-(russ. Dumbra-)Spielerin Dina Nurpeisova (1861–55). Während des Bürgerkriegs 1918–21 stießen in O. die Rote Armee, weiße und rote Kosakenverbände sowie die Autonomiebewegung Alaš Orda u. a. zusammen. Im Zweiten Weltkrieg produzierten aus Zentralrussland verlegte Rüstungsbetriebe Waffen in O.
O. spielt heute eine wichtige Rolle als Wirtschafts- und Kulturzentrum der Region. Es gibt ein Theater, eine Bibliothek, ein jüdisches Kulturzentrum. Den Grundriss der Stadt prägen breite, gerade Straßen. Zu den Sehenswürdigkeiten zählt die „Kathedrale des Archistrategen Michael“ aus dem 17. Jh. (russ. Sobor im. Archistratiga Michaila), das älteste erhaltene Gebäude der Stadt. Seit 1991 führt die Stadt offiziell den kasachischen Namen O.