Medizin (Russland)
Medizin (Russland)
Medizinische und hygienische Fragmente sind seit dem 12. Jh. in ostslawischen Handschriften überliefert. In zahlreichen Dokumenten sind zudem Volksärzte dokumentiert, die das Handwerk bei ihrem Vater gelernt haben, Wunden heilen, gebrochene Gelenke behandeln und den Aderlass vornehmen können.
Die seit dem 16. Jh. in verschiedenen gesellschaftlichen Schichten weit verbreiteten „Kräuterbücher“ (›travniki‹), medizinische Handbücher mit Hinweisen zu Pflanzen, Tieren und Mineralien mit ihren Eigenschaften und Heilwirkungen, geben Auskunft über einige erste medizinische Konzepte, die in enger Verbindung mit der Astrologie und den Wechselwirkungen von Heilmitteln und Planeten stehen.
Seit dem 16. Jh. werden ausländische Spezialisten an den Zarenhof eingeladen, ein Privileg, in dessen Genuss in einem nächsten Schritt auch die Armee im 17. Jahrhundert zumindest ansatzweise kommen sollte. Zu diesem Zweck wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine „Kanzlei“ (›Apotheker-Prikaz‹) eingerichtet, der zu Ende des Jahrhunderts ca. 100 Mitarbeiter und Studenten umfasste. Aus seiner Tätigkeit ist eine Reihe von interessanten Quellen erhalten, u. a. eine Art Krankheitsanalysen und Expertisen. Eine Expertise aus dem Jahre 1657, in der mit einigen Versuchen vom Leibarzt des Zaren Andreas Engelhardt die Echtheit eines aus Amsterdam zugesandten Horns eines Einhornes nachweist (und der zaristische Hof daraufhin erhebliche Ressourcen in den Erwerb dieses Heilmittels steckt), zeigt in allen Details die Vielschichtigkeit und Heterogenität von Wissen und ihrer Anwendung in der Frühen Neuzeit. Eine Apotheke ist in Moskau seit 1581 dokumentiert.
1658 wurde das Werk ›De humani corporis fabrica‹ („Über den Bau des menschlichen Körpers“) des Andreas Vesalius von Epifanij Slavineckij übersetzt, ohne dass sie jedoch eine sichtbare Spur in der Handschriftentradition oder Ausbildung der Ärzte hinterlassen hätte.