Khan

Khan (auch: Khagan, Chan, Chagan; mong., türk. ḫān)

Der einem Eigennamen nachgestellte Begriff K. bezeichnet bei Stämmen und Stammesföderationen Eurasiens – v. a. in Steppenreichen mit vorwiegend türk. oder mongol. Eliten – einen Herrscher bzw. Fürsten.

Herkunft und Etymologie des Wortes sind nicht geklärt, doch lässt es sich bereits für die Juan-Juan, die Vorläufer des ersten durch eigene Quellen belegbaren türkischen Reiches, dem der Türk (sog. Köktürken, ab Mitte 6. Jh.), mit seinem Zentrum in der heutigen Mongolei nachweisen. Die Schreibkonvention „Khan, khan“ westlicher Sprachen dürfte auf ›ḫān‹ in muslimischen Quellen (alt- u. mitteltürk. ẖan) zurückgehen. Nach der Islamisierung der Turkvölker findet sich der Titel bei den Karachaniden, Ġaznawiden, Chorezmier u. a., wird bei letzteren und den Seldschuken aber bereits auch als höchster Titel für die Aristokratie verwendet.

Während der Titel K. im Osmanischen Reich dem Sultan vorbehalten blieb, sank er im Safawidenreich vom höchsten Adelstitel zur Bedeutung „türkmenischer Vasallenfürst, Provinzgouverneur, Graf“ und schließlich zum weit verbreiteten Titel für Militärpersonen ab. Ähnlich verhielt es sich im indischen Raum, wo K. schließlich zum Beinamen bzw. Eigennamen wurde. Bei den Krimtataren, in Kazan, Astrachan, bei den (mongolischen) Kalmücken und im Khanat von KChiva trug nur der (autonome) Herrscher den Titel K., während bei den kasakazsakchischen Stammesföderationen verschiedene Abstufungen des Titels existierten.

Neben „Khan“ findet sich auch der seltenere und in seiner Bedeutung restriktiver gehandhabte Titel Khagan – „Großchan, oberster Herrscher, Kaiser“ – abgeleitet aus den mongolischen Varianten ›qa'an‹, ›qaγan‹ aus alt- u. mitteltürk. ẖaγan mit der in arab. und pers. Quellen vorwiegenden Variante ›ẖāqān‹. Schon im Reich der Türk bezeichnete der Titel ›ẖaγan‹ den Herrscher über die Großföderation, ›ẖan‹ dagegen stand für den Anführer eines Stammesverbandes und wurde parallel auch als allg. Würdenbezeichnung für einen Herrscher gebraucht. Die Quellen unterscheiden die beiden Titel allerdings nicht immer konsequent. Für die vormongolische Zeit ist die Bezeichnung › ẖaγan‹ auch für die Anführer der Rus', den König von Tibet und den Kaiser von China belegt. Die Großkhane unter den Nachfolgern Dschingis Khans trugen den Titel ›ẖaγan‹, die Herrscher der mongolischen Teilreiche den Titel ›ẖan‹. Als ›ẖāqān‹ bezeichnen die Quellen bisweilen einige Timuriden- und Özbekenherrscher und selbst Schirwanschahs. Schließlich war ›ẖāqān‹ einer der Titel der Safawidenschahs wie auch der osmanischen Sultane.

Doerfer G.1967: Türkische und mongolische Elemente im Neupersischen. Bd. 3. Wiesbaden.

(Barbara Kellner-Heinkele)

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