Alexander III.
Alexander III. von Makedonien (altgriech. Alexandros III. o Makedōn, gen. Alexandros o Megas, „Alexander der Große“), *Juli 356 Pella †10.6.323 Babylon, Sohn Philipps II. von Makedonien und der Olympias.
Erzogen in Kriegsführung, Jagd und Sport, wurde A. von seinem 14. Lebensjahr an von Aristoteles ausgebildet. Seit 340 als Stellvertreter des Königs eingesetzt, kommandierte er 338 in der Schlacht gegen die Griechen bei Chaironeia die Reiterei und trug entscheidend zur Herrschaft Makedoniens über Griechenland bei. A. trat nach dem Tod seines Vaters 336 die Herrschaft an, beseitigte alle Konkurrenten um den Thron, präsentierte sich dem Heer als König und ließ sich vom Korinthischen Bund als ›Hegemōn‹ anerkennen. Nach dem Zug an die Donau und nach Illyrien 335 schlug er einen Aufstand in Theben nieder. 334 begann er seinen Feldzug mit dem Überschreiten des Hellesponts; am Fluss Granikos (heute türk. Biga çayı) besiegte er ein Satrapenaufgebot und besetzte Lydien, Karien und die Städte an der Westküste Kleinasiens. Über den phrygischen Königssitz Gordion zog A. weiter nach Kilikien und schlug im November 333 das Heer des Perserkönigs Dareios III. bei Issos (heute Kinet Höyük). Nach der Unterwerfung der phönizischen Küstenstädte 332 zog A. nach Ägypten. Nach der Gründung Alexandrias besuchte er das Orakel des Zeus Ammon in der Oase Siwa.
Im Sommer 331 überschritt er Euphrat und Tigris und vernichtete am 1.10. bei Gaugamela (Ebene von Mosul) das Heer des Dareios III., dessen Flucht ihm Babylon und Susa preisgab. Im Dezember 331 zog A. in Susa ein, im Januar 330 besetzte er Persepolis, im Mai Ekbatana (heute Hamadan). A. verfolgte den flüchtigen Dareios III., der im Juli 330 von eigenen Leuten ermordet wurde, und ließ ihn beisetzen. A. gründete mehrere Städte wie z. B. das heutige Kandahar oder Herat. 329 überquerte er den Hindukusch nach Baktrien und zog weiter über Sogdien bis zum Fluss Iaxartes (heute Syrdarja), wo er Alexandria Eschate gründete. Die Widerstände in Baktrien und Sogdien brach A. und heiratete 327 die sogdische Herrentochter Roxane. Nach Kämpfen in Nuristan und Swat und der Überquerung des Indus 326 unterwarf sich Taxiles; am Fluss Hydaspes (heute Jhelum) besiegte A. Poros. Nach der Gründung weiterer Städte am Schauplatz des Sieges drang das Heer durch den Monsun bis zum Hyphasis (heute Beas) vor. Dort verweigerte das Heer den Weitermarsch. A. wendete sich den Indus entlang zum Ozean und erreichte im Juni die Mündung bei Pattala (heute Hydarabad). Dort teilte er das Heer: Die Verwundeten und Älteren kehrten zurück, die Flotte unter Nearchos segelte zur Erforschung des Persischen Golfs die Küste entlang, A. zog durch die iranische Bergregion im Süden (›Gedrosien‹) nach Persien, um nach Nearchos’ Bericht zu leisten, was Semiramis und Kyros nicht gelungen war. Den Wüstenmarsch überlebte kaum die Hälfte des Heeres. Nach dem Zusammentreffen mit dem Landheer in Karmanien erreichte A. im März 324 Susa. Bei einem Siegesfest zwang er Freunde und Offiziere, iranische Fürstentöchter zu heiraten; er selbst heiratete zwei Königstöchter. Die Frauen der Soldaten wurden als Ehefrauen anerkannt, 30.000 iranische Aristokratensöhne griechisch erzogen und makedonisch bewaffnet, widerspenstige Satrapen und Offiziere fielen einer Säuberung zum Opfer. Nach dem Besuch Ekbatanas (heute Hamadan) und ›Pasargadais‹ 324 zog A. im Frühjahr 323 nach Babylon, um den Feldzug nach Arabien vorzubereiten. Am 10.6.323 starb A. an Fieber.
A. setzte seinen Feldzug in Reminiszenz an Homer und Herodot in Szene (Opfer an Priamos, Bekränzung von Achills Grab in Ilion); oft spielte das Motiv der Rache gegen die Perser eine Rolle. A.s Selbstverständnis als zweiter Achill wird von seinem späteren Streben ergänzt, sich als Perserkönig göttlich verehren zu lassen. Die Proklamation von Freiheit und Demokratie für alle griechischen Städte Kleinasiens, der Besuch des libyschen Orakels in Siwa, die Erklärung des Sieges über Dareios als Ende der persischen Tyrannenherrschaft, der Brand des Palasts von Persepolis im Mai 330 als Rache für die Zerstörung griechischer Heiligtümer und gezielte Opferrituale (Poseidon am Hellespont, Athena und Zeus in Ilion, Herakles in Tyros, Apis in Memphis, Ammun-Re in Siwa, Poseidon am Indischen Ozean) sicherten A. ebenso Respekt und Macht wie die systematische Einbindung lokaler Machthaber, die Beibehaltung von Verwaltungsstrukturen, die Aufnahme persischer Krieger ins Heer, die Ehen zwischen Makedoniern und Persern und die Gründung von Städten, deren Einwohner aus makedonischen Veteranen und Einheimischen bestand. Ferner setzte A. auf Treue und Ergebenheit, die er z. T. mit Gewalt einforderte (Ermordung von Kallisthenes, Parmenion und Philotas wegen angeblicher Verschwörungen).
Die mit Kallisthenes beginnende Glorifizierung A.s schuf eine Tradition von Alexanderromanen, deren Stoff bis in die Gegenwart Verwendung findet und zur Mythologisierung seiner Person beiträgt. Die schriftlichen Quellen (Diodor, Curtius Rufus, Plutarch, Arrian, Iustinus) stammen aus späterer Zeit und hinterlassen kein einheitliches Bild; moderne Abhandlungen schwanken zwischen Bewunderung (J. G. Droysen, W. W.Tarn, N. Hammond, R. L. Fox) und Kritik (F. Schachermeyr, R. D. Milns, E. Badian, A. B. Bosworth) der Figur A.s.
Fox R. L. 2004: Alexander der Große. Eroberer der Welt. Stuttgart. H. J. Gehrke 1996: Alexander der Große. München. Hammond N. 1997: The Genius of Alexander the Great. London.