Herceg Bosna
Herceg Bosna (Kroatische Republik H. B.)
Die politische Führung der Kroaten in Bosnien-Herzegowina vollzog während des Krieges 1992–95 eine Gratwanderung zwischen der formalen Unterstützung für den Gesamtstaat Bosnien-Herzegowina und den Bestrebungen radikaler politischer Kräfte, die ähnlich wie die bosnisch-serbische Führung, Bosnien-Herzegowina teilen wollten. Diese unklare Haltung manifestierte sich in der Gründung der Kroatischen Republik H. B. im Juli 1992. H. B. umfasste v. a. das Territorium des mehrheitlich von ethnischen Kroaten besiedelten westlichen Teils der Herzegowina, der von der bosnisch-kroatischen Armee (kroat. HVO) kontrolliert wurde. Die „Regierung“ von H. B. sprach von einer durch den Krieg notwendig gewordenen Selbstorganisation der kroatischen Bevölkerung in Bosnien-Herzegowina, die nicht gegen den bosnischen Gesamtstaat gerichtet sei. Dem widersprach allerdings die Vertreibung der bosniakischen Bevölkerung, die in H. B. fast genauso systematisch durchgeführt worden war, wie im serbisch kontrollierten Gebiet. Auch machten die politischen Entscheidungsträger in H. B. während des Krieges kein Hehl daraus, dass sie als einzige übergeordnete politische Instanz, die kroatische Regierung in Zagreb und v. a. den damaligen kroatischen Staatspräsidenten Franjo Tuđman akzeptierten, während sie die bosnische Kriegsregierung als eine von „Moslems dominierte“ Institution ablehnten. Auch nach Kriegsende blieben die Strukturen von H. B. mehrere Jahre erhalten, und dies obwohl im Abkommen von Dayton (1995) eine gemeinsame kroatisch-bosniakische Entität in Bosnien-Herzegowina vorgesehen war. Der politische Wechsel in Kroatien im Jahr 2000 hin zu einer pro-bosnischen Regierung schwächte jene radikalen Kräfte, die noch immer für einen eigenen kroatischen Staat in Bosnien-Herzegowina eintreten.
Calic M.-J.1996: Krieg und Frieden in Bosnien-Herzegowina. Frankfurt a. M. Riegler H. 1999: Einmal Dayton und zurück. Perspektiven einer Nachkriegsordnung im ehemaligen Jugoslawien. Wien.